Wehrhaft gegen die Intoleranz

Endlich haben die Verantwortlichen den Schuss gehört. Der Vormarsch der IS-Miliz und die Flüchtlingsströme aus dem Irak und Syrien sind keine normalen Krisen irgendwo auf der Welt, die uns nur am Rande angehen.

Denn es sind auch Terroristen aus Deutschland, die die Massaker im Nahen Osten verüben - und mit der Absicht, Gleiches hier zu tun, wieder zurückkehren. Und es sind die von ihnen Vertriebenen, die nun in großer Zahl bei uns im Land Schutz suchen.

Die gestrige Sondersitzung der Innenminister kam nicht ganz freiwillig. Ihr ging eine UN-Resolution voraus, die alle Staaten verpflichtet, etwas gegen den Terror-Tourismus zu tun. Bis dahin hatten Politik und Sicherheitsbehörden in Deutschland mit kaum erträglicher Betulichkeit auf die Entwicklungen rund um die Terror-Miliz IS reagiert. Im Bund wie in den Ländern.

Der radikale Islamismus, sei es in Form des IS, von Al-Qaida oder als Salafismus, bedroht Leib und Leben von Menschen bei uns, im Nahen Osten und überall auf der Welt. Dass gegen ihn der Grundsatz "Keine Toleranz den Intoleranten" gelten muss, haben die IS-Kopfabschneider selbst hinreichend eindrucksvoll klar gemacht. Das bedeutet nicht, dass der Rechtsstaat ausgesetzt wird. Das bedeutet aber, dass er seine Instrumente schärfen muss, um seine Bürger zu schützen. Man darf in dieser Situation nicht zuerst sagen: Sinnvoll, aber geht rechtlich nicht. Sondern: Wie können wir es rechtlich möglich machen, wenn es sinnvoll ist.

Der Entzug von Reisepass und Ausweis ist ein wichtiger Schritt, um erkannte Terroristen an der Ausreise zu hindern. Zusätzlich ist notwendig, die Rechtslage so zu ändern, dass schon der Aufenthalt in Terrorcamps und die Unterstützung von ausländischen terroristischen Banden, auch die Werbung dafür, eine Straftat ist. Das alles nimmt nicht weg, dass Prävention noch immer der beste Schutz ist. Bund und Länder müssen ihre Anstrengungen erheblich verstärken, um Radikalisierungsprozesse bei Einzelnen hier in Deutschland frühzeitig zu erkennen und ihnen wie ihren Eltern Auswege aufzuzeigen. Und sie zu reintegrieren. Denn eine wehrhafte Demokratie wird ihren Gegnern immer auch ein Angebot für einen anderen, friedlichen Weg machen.

Noch eins ist in der Debatte um die aktuellen Bedrohungen für die innere Sicherheit anzumerken: Am meisten gefordert sind derzeit die Geheimdienste. Sie müssen die Dschihadisten, ihre Kommunikationswege und Geldströme im Blick behalten. Wo immer sie sind. Die Amerikaner mögen es mit ihrer Totalüberwachung übertrieben haben. Aber dass der Kampf gegen terroristische Gefahren ohne elektronische Aufklärung und Informationsaustausch nicht geht, sollte auch dem Letzten klar geworden sein.

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