Standortnachteil Strompreis

Ökostrom-Umlage sinkt erstmals, viele Probleme bleiben bestehen.

Das minimale Sinken der Ökostrom-Umlage ist kein Grund, in Jubelstürme auszubrechen. Die Kostenbelastung für gewerbliche wie private Stromkunden in Deutschland bleibt extrem hoch. Und sie ist ein Standortnachteil, der die industrielle Basis des Landes zu gefährden droht. Nur verschieben sich die Gründe dafür. Sonnen- und Windstrom sind es nicht mehr, jedenfalls nicht mehr in erster Linie. Die neuen Anlagen sind so effizient, dass der Strom schon günstiger hergestellt werden kann als in konventionellen Kraftwerken.

In der Umlage von jetzt noch 6,17 Cent je Kilowattstunde werden im Wesentlichen die hohen Kosten der vergangenen Installationsrunden mitgeschleppt, als die Technik noch nicht so ausgereift und wesentlich teurer war. Trotzdem gab es auf 20 Jahre garantiert hohe Abnahmepreise. Die Kosten dürften sich am Ende auf insgesamt 200 Milliarden Euro summieren. Das war die Startfinanzierung für die Erneuerbaren Energien in Deutschland, eine ganz neue Industriebranche, die inzwischen über 300 000 Arbeitsplätze bietet.

Es war eine teure Investition, aber sie hat sich gelohnt. Schon, weil es keine Alternative gibt, es sei denn, man will gefährlichen Atom- und schmutzigen Kohlestrom auf ewig. Allerdings, dass es lange eine Überförderung gab, dass es mindestens fragwürdig war, ausgerechnet im sonnenarmen Deutschland so massiv auf Solarstrom zu setzen oder dass die Bioenergie zu Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft geführt hat, all das darf man auch dann zugeben, wenn man prinzipiell ein Grünstrom-Anhänger ist. Freilich ist vieles davon inzwischen korrigiert worden.

Die neuen Kostentreiber lauern in den Verwerfungen des Marktes, die nicht das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit sich gebracht hat, sondern die aus politischen Fehlentscheidungen, Verzögerungen und Widersprüchen im Zuge der Energiewende resultieren. Die Stromkonzerne etwa wurden mit dem erst lange verzögerten und dann überhastet durchgeführten Atomausstieg in größte Schwierigkeiten gebracht, die sie nun auf Kosten der Kunden zu lösen suchen. Sie geben sinkende Strompreise nicht weiter.

Der Emissionshandel wurde eingeführt, aber nicht gepflegt, sodass heute Kohlestrom wieder sehr billig ist. Folge: Es gibt eine massive Überproduktion an Strom und der CO{-2}-Ausstoß wächst wieder. Und um in diesem Chaos zwischen alten und neuen Erzeugungsformen die Spannung stabil zu halten, müssen nun auch noch teure Reservekapazitäten und neue Netze gebaut werden. Nein, wegen eines Absinkens der EEG-Umlage um 0,07 Cent je Kilowatt ist der Strommarkt in Deutschland wirklich noch lange nicht in Ordnung. Im Gegenteil.

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