Sarkozys Rechtsruck wird zum Bumerang

Paris. Die kleine italienische Insel Lampedusa bekommt demnächst hohen Besuch aus Frankreich. Doch es ist nicht Präsident Nicolas Sarkozy, der sich so gerne an symbolkräftige Orte begibt. Es ist sein derzeit größter politischer Gegner - Marine Le Pen. Die Parteichefin der rechtsextremen Front National (FN) will sich das Flüchtlingsdrama aus der Nähe anschauen

Paris. Die kleine italienische Insel Lampedusa bekommt demnächst hohen Besuch aus Frankreich. Doch es ist nicht Präsident Nicolas Sarkozy, der sich so gerne an symbolkräftige Orte begibt. Es ist sein derzeit größter politischer Gegner - Marine Le Pen. Die Parteichefin der rechtsextremen Front National (FN) will sich das Flüchtlingsdrama aus der Nähe anschauen.Eine aktuelle Umfrage, die die FN-Chefin in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl an der Spitze sieht, ist in Frankreich wie eine Bombe eingeschlagen. Laut der Befragung würde Le Pen gegen den derzeit beliebtesten Sozialisten Dominique Strauss-Kahn vorne liegen. Amtsinhaber Sarkozy käme nur auf Platz drei und damit nicht in die Stichwahl. Strauss-Kahn, derzeit noch Präsident des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat noch nicht entschieden, ob er für seine Partei 2012 ins Rennen gehen will. Auch Sarkozy hat seine Kandidatur noch nicht offiziell gemacht.

In Sarkozys Partei rumort es kurz vor den Regionalwahlen bedenklich. Die Umfrage weckt Erinnerungen an die Präsidentschaftswahl 2002, als der Sozialist Lionel Jospin in der ersten Runde durchfiel und der damalige FN-Chef Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl gegen Jacques Chirac einzog. Das überraschende Ausscheiden Jospins und der Einzug von Marine Le Pens Vater in die zweite Runde hatte viele Franzosen nachhaltig schockiert, letztlich wählten sie mit großer Mehrheit den konservativen Chirac zum Staatsoberhaupt.

Dass Le Pen ihren Lampedusa-Besuch politisch ausschlachten wird, lässt sich leicht ausmalen. Immer wieder hat sie davor gewarnt, dass die Protestwelle im Maghreb zu einem "massiven Exodus" führen könnte. Die Zahl der Flüchtlinge könnte Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen erreichen, orakelte sie. Und natürlich werde ihre Partei alles dafür tun, dass diese nicht nach Frankreich kämen.

Sarkozy reagierte demonstrativ gelassen auf die Umfrage. "Man muss einen kühlen Kopf bewahren", meinte er knapp. Umfragen so lange vor den Wahlen hätten nichts zu sagen. "Da kann man genau so gut sein Horoskop lesen", sagte einer seiner Vertrauten der Zeitung "Le Figaro". Andere mäkeln an den Methoden des Umfrageinstituts Harris Interactive herum, das seine Teilnehmer mit Gewinnspielen lockt. Für Sarkozy sind die Umfrageerfolge von Marine Le Pen ein heftiger Schlag. Nach Ansicht seiner Kritiker im eigenen Lager bedeuten sie das Scheitern seiner Strategie, den Rechtsextremen mit deren klassischen Themen Einwanderung und Muslime Stimmen abzujagen. "Der Rechtsruck führt dazu, dass wir die Wähler der Mitte verlieren und die rechte Basis zum Front National abwandert", kritisierte Premierminister François Fillon nach einem Bericht des "Canard Enchaîné".

Der Vorschlag einer Abgeordneten des Regierungslagers, Chantal Brunel, die Flüchtlinge "wieder in die Boote zu setzen" und übers Mittelmeer zurückzuschicken, hat noch weiter Öl ins Feuer gegossen. "Das ist schockierend", meinte Sozialistenchefin Martine Aubry. Die Regierung distanzierte sich später von den Bemerkungen, die ganz auf der Linie von Marine Le Pen lagen. Aber gesagt war gesagt.

Welchen Eindruck all dies beim Wähler hinterlassen hat, wird Sarkozy bald erfahren. Am 20. und 27. März stehen Regionalwahlen an. In Frankreich wird das Ergebnis aber nicht zuletzt als Testwahl für 2012 gelesen, wenn Sarkozys Nachfolge bestimmt werden soll.

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