Autofahrer werden abgezockt

Meinung · Die Autofahrer lassen sich nicht für dumm verkaufen. Ihre andauernde Weigerung, den neuen Kraftstoff E 10 zu tanken, ist ein kräftiger Tritt in den Hintern der EU- und Bundespolitiker, die wieder mal per Verordnung eine Neuerung durchpeitschen wollen, deren angebliche Vorteile sich den Bürgern nicht erschließen

Die Autofahrer lassen sich nicht für dumm verkaufen. Ihre andauernde Weigerung, den neuen Kraftstoff E 10 zu tanken, ist ein kräftiger Tritt in den Hintern der EU- und Bundespolitiker, die wieder mal per Verordnung eine Neuerung durchpeitschen wollen, deren angebliche Vorteile sich den Bürgern nicht erschließen.Dabei ist die Idee keineswegs falsch, dem Benzin zehn Prozent Alkohol (Ethanol) zuzufügen, der aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zuckerrüben, Zuckerrohr, Mais oder Weizen gewonnen wird. Das mindert die Abhängigkeit vom Öl, das immer teurer wird.

Was die Autofahrer ärgert, ist der hohe Preis für E 10. Bio-Alkohol ist kein Mineralöl, dennoch kassiert der Staat die volle Mineralöl- und Ökosteuer. Allein für die zehn Prozent Ethanol werden bei einer Tankfüllung von 50 Litern derzeit 4,50 Euro Steuern fällig. Zudem hat Ethanol einen um rund 30 Prozent geringeren Energiegehalt als Benzin. Das treibt den Verbrauch in die Höhe. Die Zeitschrift Auto-Bild hat für einen VW Golf Mehrkosten von 176 Euro pro Jahr errechnet. Seit der Test im Internet einsehbar ist, reißt die Flut deftiger Kommentare von Autofahrern, die sich abgezockt fühlen, nicht ab.

Nicht zuletzt bleiben die Tankstellen auf dem E 10 sitzen, weil Autobesitzer Schäden an ihren Motoren fürchten. Die Autoindustrie beteuert zwar, dass bei neun von zehn Modellen keine Probleme durch das aggressive Ethanol zu erwarten seien. Und selbst bei den Fahrzeugen auf der schwarzen Liste, bei denen Schäden am Kraftstoffsystem möglich sind, muss es nicht tatsächlich dazu kommen. Doch der Info-Pfusch bei der E-10-Einführung, die wenig hilfreiche Dauerkritik teils selbst ernannter "Benzin-Spezialisten" und die irritierende Zurückhaltung von Mineralöl- und Kfz-Branche lassen die Zweifel vieler Autofahrer eher noch wachsen.

Dass sich Autos mit Ethanol problemlos bewegen lassen, zeigt ein Blick nach Brasilien. Dort werden bereits mehr als 45 Prozent des benötigten Kraftstoffs aus Zuckerrohr hergestellt. Dem Benzin müssen mindestens 20 Prozent Alkohol beigemischt werden. Es gibt etwa 65 Automodelle von 13 Herstellern, die Ethanol und Benzin in jedem beliebigen Mischungsverhältnis tanken können. Die brasilianischen Autofahrer akzeptieren den Alkohol im Tank vor allem, weil er nur halb so viel kostet wie Benzin.

In Deutschland hätten Politik und Unternehmen viel offensiver informieren müssen. Vor allem jedoch sollten sie nicht versuchen, den Verbrauchern das E 10 zum überhöhten Preis anzudrehen. Die Autofahrer lassen sich nicht für dumm verkaufen.

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