Gericht baut eine Altlast ab

Meinung · Wenn die Erde im Kohleabbaugebiet wieder mal gebebt hatte, dann erlebten sich tausende Saarländer in Angst versetzt und hilflos. Sahen ihre Hauswände reißen, wurden krank darüber. Und sie wurden wütend, denn der Kohleabbau schädigte sie, während das Unternehmen mit Steuern subventioniert wurde, die auch sie selbst aufgebracht hatten. Viele Schäden wurden repariert, aber sonst geschah fast nichts

Wenn die Erde im Kohleabbaugebiet wieder mal gebebt hatte, dann erlebten sich tausende Saarländer in Angst versetzt und hilflos. Sahen ihre Hauswände reißen, wurden krank darüber. Und sie wurden wütend, denn der Kohleabbau schädigte sie, während das Unternehmen mit Steuern subventioniert wurde, die auch sie selbst aufgebracht hatten. Viele Schäden wurden repariert, aber sonst geschah fast nichts. Das Bergrecht schloss eine weitergehende Haftung aus. Für solche bergrechtlichen Privilegien gab es in der jüngeren Vergangenheit längst keinen sachlichen Grund mehr.Was manche Saarländer erduldeten während der durch den Bergbau bedingten Erschütterungen, wurde und war unzumutbar. Genau das hat das Landgericht Saarbrücken jetzt ausdrücklich anerkannt. Es legte anhand der Schwinggeschwindigkeiten und der Zahl der Beben exakt fest, was es für zumutbar hält und was nicht. Und es rechnete Unzumutbarkeit um in die Höhe einer Entschädigung. Entschädigung ist hier aber nicht zu verwechseln mit dem Ersatz für eine tatsächliche Minderung des Werts oder der Nutzung etwa einer Immobilie.

Man mag über die Höhe der Entschädigung diskutieren. Im Einzelfall wird es auch Streit geben. Aber recht- und hilflos sind die vielen tausend Geschädigten nun nicht mehr. Sie müssen sich nicht auf gerichtliche Auseinandersetzungen einlassen, die in jedem Einzelfall wieder bei Null beginnen würden. Sie haben grundsätzlich Rechtssicherheit. Ihr Anspruch ist im Detail nachvollziehbar.

Als der Bundesgerichtshof 2008 erstmals feststellte, dass Bergbaugeschädigte einen Anspruch auf diesen Ausgleich haben könnten, weil Bergrecht nicht das letzte Wort sei, da sagte der Kläger aus Lebach-Falscheid erleichtert: Wir haben die gleichen Rechte wie jeder andere auch. Dieser kurze Satz würde auch das jetzige Urteil des Saarbrücker Landgerichts auf den Punkt bringen. Die Richter haben mit ihrem Urteil zur Haftung bei Bergschäden einen großen Beitrag zur gesellschaftlichen Befriedung geleistet. Sie haben das Saarland von einer juristischen Altlast des Bergbaus befreit. Das Urteil des Landgerichts kann das Vertrauen tausender Bergbaugeschädigter in den Rechtsstaat stärken, ohne dass es das Ansehen der Bergleute selbst schmälert.

Die jetzige Regelung zum finanziellen Ausgleich wird es dem Saarland als Ganzem sehr viel leichter machen, die enorme wirtschaftliche und technische Leistung seines Bergbaus zu würdigen, wenn er nächstes Jahr beendet wird. Dennoch wird die Aufarbeitung von Ansprüchen noch lange dauern - genau wie die Nachfolge-Nutzung der bisherigen Bergbaugelände.

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