Endlagersuche kann noch Jahrzehnte dauern

Berlin · Die Slogans sind schon lange fertig: "Strahlungsfrei aufs Frühstücksei." Oder: "Besser Salz fördern, als Atommüll lagern". Schon 1996 wurde als findige Idee von Gorleben-Gegnern die Salinas Salzgut GmbH gegründet, das Ziel: Salz aus dem Salzstock fördern.

Wenn es dafür grünes Licht gäbe, wäre Gorleben wohl aus dem Rennen als Atommüll-Endlager.

Das Salz-Förderverbot in Gorleben - seit 1977 einzige Option für das deutsche Endlager für hochradioaktiven Atommüll - läuft vereinfacht gesagt im August aus. Die Bundesregierung hat aber beschlossen, die sogenannte Veränderungssperre des Salzstocks zu verlängern. Doch da bald bundesweit nach einem Endlager gesucht werden soll, stellt sich die Frage: Muss ein Rohstoff-Förderverbot dann nicht auch für alle anderen denkbaren Endlagerregionen gelten? Das fordert etwa der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grünen). Dann müssten zum Beispiel Anträge auf Gasförderung ("Fracking") oder Geothermie zurückgestellt werden. Die für den 8. Mai geplante Gorleben-Entscheidung im Bundesrat wurde nun verschoben. Seit einem Jahr berät die 33-köpfige Endlager-Kommission, die die Grundlage für die Suche erarbeitet. Sie fordert eine Regelung der Bundesregierung zu der heiklen Frage - aber aus Kommissionskreisen ist zu hören, dass sich das Bundeswirtschaftsministerium gegen ein Rohstoffförder-Moratorium für mögliche Endlagerregionen stemmt.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne), wie Wenzel Mitglied der Kommission, sieht das anfangs kaum vorankommende Gremium langsam in der Spur. Für den 20. Juni hat man zum Bürgerdialog in Berlin eingeladen. Vor 20 Jahren - am 25. April 1995 - wurden die ersten Castor-Behälter in das nahe des Salzstocks gelegene oberirdische Zwischenlager gebracht. 113 Behälter stehen dort heute - wo sie wohl einmal endgelagert werden? Gorleben bleibt trotz aller Bedenken im Rennen - aber die Kommissionsarbeit zeigt das Dauerproblem, nämlich dass der Standort eine Sonderrolle spielt. In die Erkundung Gorlebens wurden schon über 1,6 Milliarden Euro investiert - mit Verlängerung der Veränderungssperre kann Gorleben Endlagerkandidat bleiben. Letztlich wird damit eine Vorgabe des Endlagersuchgesetzes umgesetzt: Erst im Falle des Ausschlusses darf der Salzstock auch anderweitig genutzt werden.

Weitgehender Konsens ist eine Tiefen-Endlagerung in Salz-, Ton- oder Granitgestein - die Kommission verwarf Optionen wie eine Endlagerung im Weltall oder in der Antarktis, allein schon weil das Suchgesetz eine Endlagerung deutscher Atomabfälle in Deutschland vorsieht.

Es gibt erhebliche Zweifel, ob tatsächlich bis 2031 - wie geplant - ein Endlagerort gefunden ist, dann muss hier noch gebaut werden. Eine Arbeitsgruppe der Kommission kommt zu dem wenig erbaulichen Ergebnis, dass erst zwischen 2075 bis 2130 die Einlagerung der hochradioaktiven Abfälle beendet sein könnte.

Das größte Problem: Die Zwischenlager und Castor-Behälter. Die Zwischenlager stehen neben Atomkraftwerken, die bald abgerissen werden sollen. Dann gäbe es viele Jahrzehnte Zwischenlager in der ganzen Republik - auf der grünen Wiese. Und wer weiß, ob es bis dahin noch die für die hochradioaktiven Abfälle verantwortlichen Atomkonzerne gibt?

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