Wirtschaftsgipfel Altmaiers Blitzableiter gegen die brodelnde Stimmung

Wann können Unternehmen wieder hochfahren? Wie lässt sich Existenznot besser lindern? Warum fließen die Hilfsmilliarden nur spärlich? Solche und ähnliche Fragen dürften auf Peter Altmaier am Dienstag eingeprasselt sein.

 Kommentarkopf, Foto: krohnfoto

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Foto: SZ/Lorenz, Robby

Schließlich brodelt es in der Wirtschaft gewaltig. Das virtuelle Gipfeltreffen des zuständigen CDU-Ministers mit gleich mehreren Dutzend Spitzenvertretern einschlägiger Verbände sollte dann wohl auch in erster Linie als Blitzableiter dienen. Altmaier jedenfalls konnte nicht viel zusagen, weil er politisch wenig zu sagen hat. Das gilt vor allem für die von der Wirtschaft so sehnlich erhoffte Öffnungsperspektive. Wer hier Erwartungen gehegt hatte, wurde erwartungsgemäß enttäuscht. 

Trotzdem war der Gipfel nicht ganz vergeblich. Künftig wird nun immerhin der Kreis der Berechtigten für Überbrückungshilfen erweitert, und ein noch einzurichtender Härtefallfonds soll jenen Betrieben zugutekommen, die bislang durch sämtliche Hilfe-Raster gefallen sind. Das Grundproblem ist freilich nicht, dass die Regierung knausrig wäre. Die Corona-Krise war noch jung, als Altmaier und sein Kabinettskollege Olaf Scholz medienwirksam bereits milliardenschwere Unterstützungsmaßnahmen für gebeutelte Betriebe ausgelobt hatten. Soforthilfen, Überbrückungshilfen, später Konjunkturhilfen, Novemberhilfen, Dezemberhilfen – eine „Bazooka“ mit permanentem „Wumms“ sozusagen. Trotzdem mangelt es bis heute an Durchschlagskraft, kommt das Geld bei vielen nicht an, weil die Bürokratie für Ladehemmung sorgt. Genauso wie die lange Zeit fehlende Software zur Berechnung von Abschlagszahlungen, was übrigens erneut ein grelles Licht auf den informationstechnologischen Mangelzustand in Deutschland wirft. Vor diesem Hintergrund dürften auch viele Soloselbstständige gemischte Gefühle haben, wenn sie nun endlich die versprochene „Neustarthilfe“ beantragen können. Man darf gespannt sein, wann die Unterstützung wirklich fließt.

Vor allem wird Altmaier aber an seiner Zusage gemessen werden, der Wirtschaft schon beim nächsten Bund-Länder-Treffen Anfang März ordentlich Gehör zu verschaffen. Neben der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten saßen dort bislang ausschließlich Virologen mit am Tisch. Das muss sich ändern. Denn das Leben, da hat der womöglich nächste Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet recht, bemisst sich nicht nur an Inzidenz­werten. Auch wenn sie ein wichtiger Gradmesser bleiben müssen, um keine epidemischen Rückschläge zu riskieren, so dürfen doch auch die wachsenden Ängste vieler Unternehmen vor der Zukunft nicht mehr länger ignoriert werden. 

Die Union hat sich übrigens immer ihre Wirtschaftskompetenz zugutegehalten und damit auch Wahlen gewonnen. Gemessen daran ist ihr jetziger Auftritt ziemlich dürftig. So ein Wirtschaftsgipfel hätte eigentlich von der Kanzlerin selbst veranstaltet werden müssen. Solche Versäumnisse könnten sich im Superwahljahr noch rächen. Der jüngst gemessene Rückgang in den Umfragewerten sollte CDU und CSU eine Warnung sein.

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