Berlin Schwarz-Rot steckt das Terrain bis zur Sommerpause ab

Berlin · Der Koalitionsausschuss trifft sich, erstmals ist Armin Laschet als neuer CDU-Chef dabei. Es geht auch um zusätzliche Hilfen für Ärmere und den Bundeshaushalt.

Als im Dezember 2019 die neuen SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ihre Premiere im Koalitionsausschuss feierten, hatten sie Ingwertee dabei – passend zu den Verhandlungen „angenehm scharf mit leichter Süße“, wie beide damals süffisant anmerkten. Erstmals ist nun an diesem Mittwoch der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet mit von der Partie. Er ersetzt Annegret Kramp-Karrenbauer. Ob Laschet ein Mitbringsel parat haben wird, ist offen. 

Gegen 18 Uhr wollen die Koalitionäre physisch im Kanzleramt zusammenkommen, um dann unter Einhaltung der Corona-Hygieneregeln zu konferieren. Kanzlerin, Kanzleramtsminister, der Vizekanzler, die Partei- und Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD. Eine überschaubare Runde. Das Virus hatte auch den schwarz-roten Entscheidungszirkel ausgebremst, die letzte Zusammenkunft fand vor sechs Monaten statt. Überdies mussten einige Beschlüsse aus dem August, etwa die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes oder die Wahlrechtsreform zunächst umgesetzt werden. Vor allem jedoch wurde in den letzten Wochen vieles in anderen Gremien entschieden, speziell in den Konferenzen von Bund und Ländern. Die führenden Koalitionäre wollen nun ihr Terrain bis zur Sommerpause neu abstecken.

Freilich stehen die Beratungen unter besonderen Vorzeichen: Die Pandemie ist nicht vorüber, sie hat das Land fest im Griff. Das wirkt sich auf die weiteren schwarz-roten Vorhaben aus. Dann ist offen, wie das Zusammenspiel zwischen Laschet und Kanzlerin Angela Merkel funktionieren wird, worauf alle Beteiligten genau achten werden. Der NRW-Ministerpräsident schickt sich zudem an, Kanzlerkandidat der Unionsparteien zu werden, und damit Gegenspieler von Olaf Scholz bei der Bundestagswahl im September. Der nahende Urnengang dürfte ebenso nicht ohne Wirkung auf das Miteinander der Bündnispartner bleiben. Jüngst war die Stimmung zwischen den Koalitionären schon ziemlich gereizt, nachdem die Genossen wegen der schleppenden Corona-Impfungen die Kanzlerin und ihren Gesundheitsminister angegangen waren.

Von Laschet heißt es, er bereite sich gut vor und lese sich intensiv ein. Die Teilnehmer der Union werden sich an diesem Mittwochnachmittag bei einer Vorbesprechung beraten, ähnlich hält es die SPD. Klar ist, dass der weitere Umgang mit der Pandemie zentrales Thema im Koalitionsausschuss sein wird. Die Genossen wollen vor allem über zusätzliche Hilfen für ärmere Menschen und Familien reden. So will die SPD-Spitze etwa die Einführung eines monatlichen Corona-Zuschlags für Hartz-IV-Bezieher durchsetzen, da die Menschen, die auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen seien, besonders hart getroffen würden. Arbeitsminister Hubertus Heil hatte bereits einen Zuschuss ins Gespräch gebracht.

Mit konkreten Forderungen hielt sich die Unionsseite am Dienstag zurück. Für Laschet gehe es insbesondere ums Kennenlernen, hieß es. Gleichwohl wollen CDU und CSU dem Vernehmen nach die Schließung von Steuerschlupflöchern und einen erleichterten Verlustvortrag für Unternehmen thematisieren. Als sicher gilt zudem, dass die Lage des Bundeshaushalts und die erneute Aussetzung der Schuldenbremse für den Etat 2022 aufgerufen werden, wie es Finanzminister Scholz erwägt. Ebenso auf der Agenda steht wohl das in der Koalition umstrittene Lieferkettengesetz, die ausstehende Pflege- sowie die von der SPD verlangte Hartz-VI-Reform inklusive der Frage der Sanktionen. Viel Zeit bleibt dem Bündnis für die Umsetzung weiterer Vorhaben aber nicht. Nur noch zehn Sitzungswochen des Bundestages sind es bis Juni, dann neigt sich die Legislaturperiode ihrem Ende entgegen – und damit auch die Lebenszeit der Koalition.

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