Haarige Sachen zwischen Ekel und Faszination

Saarbrücken · Mirjam Elburns Objekte sind eklig und faszinierend zugleich. Die junge Frau aus Siegen, die in Saarbrücken studierte, hat sich ungewöhnlichen Arbeitsmaterialien verschrieben. Sie stellt derzeit im KuBa in Saarbrücken aus.

 Objekt aus Wurstpellen von Mirjam Elburn. Foto: Oliver Dietze

Objekt aus Wurstpellen von Mirjam Elburn. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Wenn Haare über die Schultern auf ein Negligé fallen, dreht das wohl kaum jemandem den Magen um. Was aber, wenn abgeschnittene Haare in ein Negligé eingewebt sind? Weiteres Beispiel: Weißwurst. Die finden viele appetitlich, solange die Pelle nach dem Verzehr der Wurstmasse nicht mehr alleine auf dem Teller liegt. Ästhetik und Appetitlichkeit einerseits und Ekel andererseits liegen bei organischem Material nahe beieinander - und die Grenze ist bei dem einen schneller überschritten als bei dem anderen. Künstlerin Mirjam Elburn lotet solche Grenzen aus. In ihrer Ausstellung "Zero time of the fetish" im Kulturzentrum am Eurobahnhof (Kuba) in Saarbrücken zeigt sie Assemblagen, Materialbilder und andere Objekte - meist Alltagsgegenstände mit eingefilztem menschlichem Haar. Schon während ihres Studiums an der Kunsthochschule Saar hat die Siegenerin dieses "Arbeitsmaterial" für sich entdeckt. "Ich habe viel mit Filz gearbeitet und bin dadurch zu diesem Grundstoff gelangt", erklärt sie.

Haare durchdringen einen Briefumschlag, eine Verpackung oder ein Medizinbuch. Gegenstände werden durch- und zersetzt, verlieren ursprüngliche Funktionen und Bedeutungen und werden zum bloßen Nährgrund für wuchernde Strukturen. Vergänglichkeit und Lebendigkeit stehen eindringlich nebeneinander. Als fresse sich ein pelziges Tier durch die Seiten wirkt beispielsweise ein aufgeschlagenes, altes Buch, von dem nur noch das halbe Nachwort zu lesen ist. Auch falsche Zähne oder tote Käfer verarbeitet Elburn.

Mitten im Raum zieht ein deckenhoher Schlauch den Blick auf sich. Pergamentartig, lichtdurchlässig, zart - wie ein schimmernder Kokon. Die Wahrheit dahinter: Wurstpelle aus Schlachtabfällen. Geht man nahe heran, nimmt man einen unangenehmen Geruch wahr. Die Reaktionen der Vernissage-Besucher? Ein Hund war restlos begeistert, die übrigen schwankten zwischen positiver Neugierde und eben Ekelgefühl. Das findet Elburn spannend: "Ich unterhalte mich gerne mit Leuten über die Gründe für ihren Ekel, der unterschiedlich stark ausgeprägt ist." Und die Künstlerin selbst, ekelt sie sich? "Es gab eine Grenze", erklärt sie. Einmal habe sie einen Pellenschlauch als Kleid anziehen wollen. Das ginge nur, wenn das Material nass sei. "Nass riecht es aber sehr stark, da konnte ich nicht mehr weiterarbeiten." Zuviel Intensität für die, wie sie nebenbei erwähnt, Vegetarierin. Ihre Meinung zur Fleischindustrie hängt sie nicht an die große Glocke, denn sie will nicht falsch verstanden werden, sondern "das Verhältnis Tier-Mensch und körperliche Nähe ausloten."

Läuft bis 13. März. Di bis Fr: 10-15 Uhr; Do und So: 15-19 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort