Minijobber oft Arbeiter zweiter Klasse

Was sind die Gründe für die Ausübung eines Minijobs?Nach einer Befragung unter 25 000 Minijobbern sagen 57 Prozent, der Minijob sei für sie eine Hinzuverdienstmöglichkeit. Knapp jeder siebte Minijobber will damit Berufserfahrungen sammeln. 14 Prozent geben an, keine andere Beschäftigung gefunden zu haben

Was sind die Gründe für die Ausübung eines Minijobs?Nach einer Befragung unter 25 000 Minijobbern sagen 57 Prozent, der Minijob sei für sie eine Hinzuverdienstmöglichkeit. Knapp jeder siebte Minijobber will damit Berufserfahrungen sammeln. 14 Prozent geben an, keine andere Beschäftigung gefunden zu haben. Für elf Prozent ist der Minijob die einzige Möglichkeit, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. 14 Prozent schätzen die flexiblen Arbeitszeiten.

Was verdienen Minijobber?

Seit 2013 kann ein Minijobber bis zu 450 Euro steuer- und abgabenfrei verdienen. Davor waren es maximal 400 Euro. Minijobs werden eher schlecht bezahlt: Die Hälfte der Minijobber bekommt einen Stundenlohn unter 8,50 Euro. 20 Prozent verdienen nur zwischen fünf und sieben Euro. Zu den Branchen mit den niedrigsten Stundenlöhnen zählen der Handel und das Gastgewerbe.

Wo gibt es gesetzliche Verstöße?

Auch Minijobber haben einen gesetzlichen Anspruch auf soziale Leistungen wie bezahlten Urlaub. Doch viele Arbeitgeber halten sich offenbar nicht daran. Rund 40 Prozent der Minijobber bleibt ein bezahlter Urlaub verwehrt. Gleiches gilt für die Lohnfortzahlung bei Krankheit oder an Feiertagen. 27 Prozent bekommen keinen Mutterschutzlohn. Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) plädierte für verstärkte Kontrollen bei den Arbeitgebern und schärfere Strafen bei Verstößen.

Wie sind Minijobber sozial gestellt?

Mehr als jeder dritte Minijobber erhält zusätzliche staatliche Transfers wie Arbeitslosengeld, Bafög oder Rente. Immerhin knapp 45 Prozent wünschen sich keine berufliche Veränderung. Allerdings würden 17 Prozent der Minijobber lieber in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechseln. Das dürfte besonders für Frauen gelten. Denn 59 Prozent der Minijobber sind weiblich.

Welche besonderen Probleme haben weibliche Minijobber?

Nach der Untersuchung des Bundesfamilienministeriums haben nur 14 Prozent der Frauen, die früher einen Minijob hatten, inzwischen eine Vollzeitstelle. 26 Prozent konnten in eine Teilzeitstelle wechseln. Über die Hälfte der ehemaligen Minijobberinnen arbeitet gar nicht mehr. Dies zeige, dass solche Tätigkeiten - anders als ursprünglich gewollt - "nicht als Brücke in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wirken", heißt es in der Studie. Ein weiteres Manko: Minijobs hätten ein negatives Image, was die berufliche Qualifizierung angehe. Dadurch würden die Hürden zu einer Vollzeitstelle "massiv erhöht".

Verdrängen Minijobs Vollzeittätigkeiten?

Dafür liefern beide Studien keine Belege. Eine frühere Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hatte aber Hinweise auf Verdrängungseffekte in bestimmten Branchen gefunden. So sei der Anteil der Minijobber zwischen 2006 und 2011 insgesamt zwar nahezu konstant geblieben. Vor allem im Einzelhandel und Gastgewerbe habe sich die Zahl regulärer Jobs aber verringert - bei gleichzeitigem Anwachsen von Minijobs.

Meinung

Nicht minderwertig

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Die große Mehrheit der Minijobber ist offenbar mit dieser Beschäftigungsform zufrieden. Viele sehen darin eine gute Gelegenheit, sich etwas hinzuzuverdienen. Minijobs sind also nicht grundsätzlich schlecht. Problematisch wird es, wenn Arbeitgeber die geringfügige Beschäftigung mit Hungerlöhnen vergüten. Gerade deshalb wäre die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns ein Fortschritt. Manche Arbeitgeber verwechseln auch "geringfügig" mit "minderwertig". Ansonsten würde es nicht dazu kommen, dass viele Minijobber weder bezahlten Urlaub noch eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bekommen. Das ist ein klarer Fall für die Aufsichtsbehörden und den Gesetzgeber.

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