Mehr Geld für Minijobber

Berlin/Saarbrücken. Die Verdienstobergrenze für die rund sieben Millionen Minijobber in Deutschland steigt von 400 auf 450 Euro. Das beschloss der Bundestag gestern mit den Stimmen von Union und FDP. Die Oppositionsfraktionen von SPD, Linken und Grünen stimmten geschlossen dagegen. Die Minijob-Verdienstobergrenze war seit 2003 nicht mehr angehoben worden

Berlin/Saarbrücken. Die Verdienstobergrenze für die rund sieben Millionen Minijobber in Deutschland steigt von 400 auf 450 Euro. Das beschloss der Bundestag gestern mit den Stimmen von Union und FDP. Die Oppositionsfraktionen von SPD, Linken und Grünen stimmten geschlossen dagegen. Die Minijob-Verdienstobergrenze war seit 2003 nicht mehr angehoben worden.Flankiert werden soll die Neuregelung, die der Bundesrat noch aufhalten kann, von einer Versicherungspflicht für die gesetzliche Rentenversicherung. Daraus können sich die Minijobber auf Antrag aber befreien lassen. Die Bundesregierung selbst rechnet damit, dass etwa 90 Prozent der Betroffenen davon Gebrauch machen werden.

Die Erwartung, dass das Einkommen der Minijobber durch die Anhebung steigt, ist nach Einschätzung der Opposition abwegig. Im Schnitt erhielten Minijobber nicht 400, sondern nur 220 Euro, sagte die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Anette Kramme. Viele Minijobber - davon die Mehrzahl Frauen - landeten erfahrungsgemäß in einer "biografischen Sackgasse". Für die Kritiker sind Minijobs schlicht "Niedriglohnfallen".

Der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), verteidigte die Neuregelung: Damit werde ein Inflationsausgleich und "ein Stück Gerechtigkeit" geschaffen. Er hoffe, dass viele Minijobber die Chance zum Eintritt in die Rentenversicherung nutzten, da sie damit Zugang zu Rentenanwartschaften, zur Erwerbsminderungsrente, zur Rehabilitation und zum Riestersparen erhielten.

Für die Linksfraktion forderte Diana Golze vergeblich die komplette Abschaffung der Minijobs. "Nicht die Löhne der Minijobber werden steigen, sondern deren Zahl", kritisierte sie. Altersarmut sei für Minijobber vorprogrammiert. Daran ändere auch die neue Pflicht zur Rentenversicherung nichts: Nach 45 Jahren im 450-Euro-Minijob gebe es am Ende nur eine Rente von 205,70 Euro. Nach den Worten der Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer haben Minijobs als Brücke in den regulären Arbeitsmarkt versagt. Redner der Koalition verwahrten sich dagegen, geringfügige Beschäftigung zu skandalisieren. Dies sei unredlich, da es in allen Fraktionen - selbst bei den Linken - 400-Euro-Jobs gebe, sagte der FDP-Abgeordnete Sebastian Blumenthal. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, wies den Vorwurf des Lohndumpings zurück: "Minijobs haben im Regelfall mit Niedriglohn nichts zu tun", sagte er unter Berufung auf das Statistische Bundesamt. "Minijobs sind gewollt und werden gebraucht."

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) im Saarland bewertet die Entscheidung des Bundestags "als Katastrophe für die Menschen im Hotel- und Gastgewerbe". Die NGG befürchtet, dass die Zahl der Minijobber noch weiter steigt und reguläre Voll- und Teilzeitarbeit verdrängt werde. Nach Zahlen vom März habe die Branche im Saarland 8180 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Demgegenüber hätten 10 429 Minijobber gestanden. Im Bundesschnitt liegt der Anteil der Minijobber dagegen der NGG zufolge niedriger. Im Hotel- und Gastgewerbe seien demnach gleich viele Menschen in regulären Arbeitsverhältnissen wie in Minijobs beschäftigt. dpa/red

Die Tücken

der Minijobs

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Rund 7,3 Millionen Bundesbürger gehen einem Minijob nach. Das spricht für die Attraktivität dieser Beschäftigungsform, hat aber auch große Tücken. Frauen landen hier nicht selten unfreiwillig, weil sich wegen ihrer langen Kinderziehungszeiten nichts Besseres auf dem Arbeitsmarkt bietet. Auch leisten Minijobs dem Niedriglohnsektor Vorschub. Denn es gibt keine Arbeitszeitregelung. Obendrein sind die Minijobs für die Sozialkassen problematisch, denn der Arbeitnehmer braucht keine Beiträge abzuführen. Auf diese Weise hat er jetzt zwar mehr in der Tasche, aber im Alter das Nachsehen.

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