Lebensversicherungen könnten Ladenhüter werden

München. Es ist ein weiterer Schlag für die Lebensversicherung. Für Neukunden wird sie vom kommenden Jahr an weniger attraktiv. Grund: Zum 1. Januar 2012 sinkt der sogenannte Garantiezins - von derzeit 2,25 Prozent auf dann 1,75 Prozent. Entschieden hat dies das Bundesfinanzministerium. Der Garantiezins ist der Zins, den Versicherer ihren Kunden garantieren müssen

München. Es ist ein weiterer Schlag für die Lebensversicherung. Für Neukunden wird sie vom kommenden Jahr an weniger attraktiv. Grund: Zum 1. Januar 2012 sinkt der sogenannte Garantiezins - von derzeit 2,25 Prozent auf dann 1,75 Prozent. Entschieden hat dies das Bundesfinanzministerium. Der Garantiezins ist der Zins, den Versicherer ihren Kunden garantieren müssen. Dieser gilt für die gesamte Laufzeit eines Vertrages.

Neue Eigenkapitalvorschriften

Die Versicherer befürchten nun Einbußen im Neugeschäft, weil ein wichtiges Vertriebsargument verloren gehe. Dabei sind die Zeiten für die Branche ohnehin nicht einfach: Derzeit drücken niedrige Zinsen an den Kapitalmärkten auf die Rendite, außerdem muss sich die Branche ab 2013 auf verschärfte Eigenkapitalvorschriften einstellen. Die Regeln sollen die Versicherer zwingen, für eingegangene Verpflichtungen wie den Garantiezins mehr Kapital zurückzulegen.

Allerdings bezweifeln Experten, ob der Garantiezins überhaupt noch eine wichtige Rolle spielt: Denn niemand weiß, wie es an den Kapitalmärkten weitergeht und wie sich die Inflation entwickelt. Mehr als 95 Millionen Lebensversicherungs-Verträge gibt es in Deutschland, die Branche preist sie als stabiles Produkt mit Planungssicherheit über Jahrzehnte und einer überdurchschnittlichen Rendite.

Die Senkung kommt zwar ein halbes Jahr später als bisher geplant - doch nach der bislang letzten Kürzung im Jahr 2007 kratzt die Regierung nun erneut an dem, worauf sich Versicherungskunden gerne verlassen. Lebensversicherungen sollen sicher bleiben. Wenn die Kapitalmärkte höhere Zinsen nicht hergeben, sollen sich die Versicherer nach Ansicht der Regierung bei einer drohenden langen Niedrigzinsphase nicht mit hohen Zinsversprechen übernehmen.

Hinzu kommt, dass für viele Altverträge noch ein Garantiezins von bis zu 4,25 Prozent gilt. Dem Branchenverband GDV zufolge steht für den gesamten Lebensversicherungsbestand in Deutschland im Schnitt ein Garantiezins von 3,4 Prozent in den Büchern.

Experte: Alles halb so schlimm

Der Versicherungswirtschaft gefällt die Entscheidung der Bundesregierung nicht - eine Anpassung des Garantiezinses auf 2,0 Prozent hätte vollkommen ausgereicht, kritisierte der GDV und verweist auf den deutlichen Anstieg von Zinsen und Inflation in jüngster Zeit. Angesichts der Senkung des psychologisch wichtigen Garantiezinses fragt sich die Branche nun, wie viele neue Verträge sie künftig überhaupt noch verkauft. Doch für den Versicherungsanalysten Konrad Becker von Merck Finck hat die Garantieverzinsung als Verkaufsargument ohnehin ausgedient. "Ob 2,25 oder 1,75 Prozent, die Sätze sind in beiden Fällen so niedrig, dass kein rational kalkulierender Anleger seine Entscheidung für eine Lebensversicherung vom Garantiezins abhängig machen sollte." Außerdem müsse der Kunde die Provision für den Vertreter sowie die laufenden Verwaltungskosten tragen.

Experte Becker rechnet für die kommenden Monate mit einer steigenden Teuerung und höheren Zinsen. Wenn eine Bundesanleihe wieder fünf Prozent bringe, sei es einerlei, wo der Garantiezins liege. Dann zähle einzig, welche Gesamtverzinsung der Versicherer seinen Kunden einschließlich Überschussbeteiligung bietet - und diese war noch nie garantiert.

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