Bundesregierung sorgt sich um Lebensversicherungen

Berlin/Saarbrücken. Die Bundesregierung sorgt sich um die wirtschaftliche Zukunft zahlreicher Lebensversicherer und will die Branche unterstützen. Hintergrund ist, dass die Unternehmen für ihre Geldanlagen nur noch sehr niedrige Zinsen bekommen. Die Regierung will den Versicherern nun unter die Arme greifen

Berlin/Saarbrücken. Die Bundesregierung sorgt sich um die wirtschaftliche Zukunft zahlreicher Lebensversicherer und will die Branche unterstützen. Hintergrund ist, dass die Unternehmen für ihre Geldanlagen nur noch sehr niedrige Zinsen bekommen. Die Regierung will den Versicherern nun unter die Arme greifen.Die Versicherer müssen ihr Geld laut Gesetz in als sicher geltenden Papieren anlegen. Daher werden oft Bundesanleihen gewählt, die derzeit aber nur sehr niedrige Zinsen abwerfen. Gleichzeitig müssen die Versicherer ihren Kunden einen bestimmten Garantiezins auszahlen. So sinke "die Rendite der Kapitalanlagen schneller als die durchschnittlichen Zinsverpflichtungen gegenüber den Kunden", heißt es in dem Papier des Bundesfinanzministeriums für den Bundestagsfinanzausschuss.

Bei einer "signifikanten Anzahl der Unternehmen" könne deshalb "die Risikotragfähigkeit" sinken, wenn die Phase der Niedrigzinsen anhalte. Es könne "nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Unternehmen künftig in Schwierigkeiten geraten können". Gefährlich werde es ab etwa 2018, und zwar für das "schwächste Fünftel" der Unternehmen. Das Ministerium beruft sich auf eine Untersuchung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Der Garantiezins liegt derzeit bei 1,75 Prozent für Neukunden, bei älteren Verträgen ist er deutlich höher.

Der Garantiezins ist der Zins, mit dem Kunden sicher rechnen können. Für Versicherer markiert er die Obergrenze dessen, was sie auf den Sparanteil einer Anlage zahlen dürfen. Für Verkäufer von Lebensversicherungen ist er ein wichtiges Verkaufsargument. Festgesetzt wird der Garantiezins vom Bundesfinanzministerium, um zu verhindern, dass sich die Versicherer mit Zins-Versprechen überbieten.

Die Branche reagierte umgehend auf die Aussage des Bundesfinanzministeriums. "Die deutsche Lebensversicherung ist sicher", hieß es in einer Mitteilung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). "Die anhaltenden Niedrigzinsen sind für Lebensversicherer eine große Herausforderung", doch für "Alarmismus" bestehe kein Grund. "Die Behauptung, dass für einzelne Unternehmen die vorhandenen Mittel ab 2018 nicht mehr ausreichen könnten, um neben den Verpflichtungen gegenüber den Kunden auch die zusätzlichen, aufsichtsrechtlich geforderten Eigenkapitalanforderungen darzustellen, beruht auf rein hypothetischen Betrachtungen."

Auch Wolfgang Utzig, Prokurist Lebensversicherungen bei der Saarland Versicherung, reagierte gelassen. "Der Garantiezins kann eigentlich nicht ausgesetzt werden - der Versicherte hat ja eine Police in der Hand, in der dieser Garantiezins drinsteht. Diese Garantiekraft müsse durch das Finanzministerium per Gesetz ausgehebelt werden. Und das kann ich mir nicht wirklich vorstellen, das so etwas passieren könnte", sagte Utzig auf Anfrage unserer Zeitung. "Die Garantie gilt bei den bestehenden Verträgen natürlich auch für die Zukunft. Der Kunde hat ja Anspruch darauf. Die Versicherungen haben nur die Möglichkeit, die Überschussbeteiligung herunterzusetzen", sagte Utzig weiter. Eine Reduzierung der Garantieverzinsung für zukünftige Vergtröge oder eine Aussetzung sehe er dagegen als Problem. Jeder solle ja etwas für die Altersvorsorge tun und etwas ansparen. Und dabei sei die garantierte Verzinsung ein ganz wichtiges Argument der Lebensversicherung. "Den Garantiezins auszusetzen, das sehe ich mehr als kritisch", bekräftigte Utzig gegenüber der SZ. dapd/red/jwo

Meinung

In der Zwickmühle

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Dass die sinkenden Zinsen mittelfristig zum Problem für Lebensversicherer werden, ist keine Neuigkeit. Seit Jahren betonen sie, dass die Zinsen zunehmend zu einer "Herausforderung" werden. Richtig ist, dass die Versicherer aktuell noch von Anlagen aus der Hochzinsphase profitieren, richtig ist aber auch, dass Neuanlagen zunehmend schwieriger werden. Denn natürlich lassen sich am Finanzmarkt noch ordentliche Renditen erzielen - nach der Finanzkrise von 2008 sind Versicherungen aber gehalten, möglichst wenig Risiko einzugehen. Und da bleiben vor allem Staatsanleihen, die zumindest auf dem Papier als sicher eingestuft werden. Mit diesen aber ist, was Rendite angeht, langfristig kein Staat zu machen. Zumindest die garantierten 1,75 Prozent sind damit nicht drin.

Die Lösung wäre, den Garantiezins zu senken. Doch damit hätte die Lebensversicherung ausgedient. Schon die Besteuerung der Ausschüttung hat ihr Attraktivität genommen, sinkt jetzt der garantierte Zins, käme das einem Todesstoß gleich.

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