„Keine Denkmalpflege“

Mit dem Psychothriller „Das Experiment“ gab Oliver Hirschbiegel 2001 sein viel beachtetes Kinodebüt. Sein Film „Der Untergang“ wurde für den Oscar nominiert. Nun schildert Hirschbiegel (56) mit „Diana“ die letzten zwei Lebensjahre der britischen Prinzessin und ihre Liebe zu dem Herzchirurgen Hasnat Khan. SZ-Mitarbeiter Dieter Oßwald hat mit Hirschbiegel über den Film gesprochen, der in England von nahezu allen Kritikern verrissen wurde.

 Klassische Pose: Naomi Watts als Lady Diana. Fotos: Concorde

Klassische Pose: Naomi Watts als Lady Diana. Fotos: Concorde

 Oliver Hirschbiegel

Oliver Hirschbiegel

Die britische Presse hat Ihren Film vernichtet - hatten Sie mit diesen Reaktionen gerechnet?

Hirschbiegel: Die Reaktion hat mich nicht überrascht. Enttäuscht war ich allerdings, dass es nicht eine einzige Stimme gab, die das etwas ausgewogener betrachtet hat. Man hatte fast das Gefühl, als wären die ganzen Aussagen gleichgeschaltet. Unmittelbar nach der Premiere gab uns der "Evening Standard" viereinhalb Sterne. Beim Kinostart danach war es plötzlich nur noch ein Stern.

Hat Sie das an die deutschen Reaktionen auf Ihren Film "Der Untergang" erinnert?

Hirschbiegel: Ja, beim "Untergang" schlug uns ein Sturm der medialen Entrüstung entgegen, lediglich der "Spiegel", die "FAZ" und lustigerweise die "Bild" waren uns letztlich positiv gesonnen. Ich habe nichts gegen negative Kritiken. Wenn daraus eine Debatte über Pro und Contra entsteht, ist das spannend. Schlimm wird es nur, wenn alles plötzlich nur noch Contra bleibt - dann wird die Sache langweilig.

Die britische Boulevard-Presse hatte schon vorab kritisiert, dass Sie Diana mit der australischen Schauspielerin Naomi Watts besetzt haben.

Hirschbiegel: Naomi Watts besitzt einen britischen Pass, wurde in England geboren und lebte dort lange. Sie abzulehnen, weil sie mit 15 Jahren nach Australien zog, ist fast schon rassistisch. Die Medien hätten allerdings auch bei jeder anderen Besetzung gegen diesen Film geschossen, weil ein Porträt auf diese Weise nicht erwünscht ist. Deren Diana soll entweder hysterisch und durchgedreht sein oder als schöngefärbte Prinzessin im rosigen Licht erscheinen.

Wie groß ist denn die Gefahr, dass man filmische Denkmalpflege betreibt?

Hirschbiegel: Denkmalpflege lässt sich verhindern, indem man ein ausgewähltes Bild dieser überhöhten Figur präsentiert, die durchaus auch Brüche und Irrationalitäten besitzt. Wobei es mir bei diesem Film keineswegs um ein kritisches Porträt gegangen ist. Für mich ist Diana eine absolut positiv besetzte Figur.

Wie viel Wahrheit und wie viel Fiktion stecken im Film?

Hirschbiegel: Alle technischen Details stimmen und sind genau recherchiert. Bei den intimeren Szenen hinter den Türen des Palastes muss man natürlich auf künstlerische Freiheit setzen - wenngleich auch diese Sequenzen sehr stark an den Erzählungen enger Freunde orientiert sind.

Dianas Liebhaber Asnat Khan zeigte sich wenig begeistert von dem Film.

Hirschbiegel: Zu der Biografie von Kate Snell, auf dem unser Film basiert, gab es von ihm nie Einwände. Eigenartigerweise hat sich Asnat Khan kurz vor dem Kinostart geäußert und erzählt, dass er das alles nicht für authentisch halte und es ihm zu sehr nach Kitsch riechen würde - allerdings hat er den Film gar nicht gesehen. Diese Äußerungen decken sich nicht unbedingt mit dem Bild des klugen Gentleman, als den wir ihn ihm Film zeigen.

Finden Sie das Prädikat "kitschig" beleidigend für Ihren Film?

Hirschbiegel: Das ist keine Beleidigung, wobei ich allerdings an diesem Film überhaupt nichts Kitschiges finde - es sei denn, man findet diese Wirklichkeit kitschig. Was Liebende sich zuflüstern hat für Außenstehende manchmal eine Qualität von Kitsch. Für mich ist das eine Frage der Authentizität. Wenn ich diese Geschichte glaubwürdig erzählen möchte, darf ich das nicht aussparen.

Weshalb ist das öffentliche und mediale Interesse an Adelsgeschichten derart immens?

Hirschbiegel: In einer Zeit, die sehr flüchtig ist und vom Verfall vertrauter Werte bestimmt wird, scheint es eine immer größere Sehnsucht danach zu geben, Leitfiguren zu finden, auf die man sich verlassen kann. Da bietet sich dieses Konzept der Monarchie geradezu an, mit Menschen, die traditionell über allem stehen.

Gab es mittlerweile offizielle royale Reaktionen?

Hirschbiegel: Nein, der Palast äußert sich zu solchen Dingen nie. Selbst zu "Die Queen" mit Helen Mirren gab es damals keinerlei Kommentar, obwohl das eine sehr emotionale Sympathiewerbung gewesen ist. Erst drei Jahre später wurde Helen Mirren von der Queen einmal zum Tee eingeladen.

"Diana" startet am Donnerstag in der Camera Zwo in Saarbrücken. Kritik zum Film am Donnerstag in unserer Beilage treff.region.

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