Reform-Offensive nach dem Urlaub Macron will trotz Affäre nicht langsamer machen

PARIS Auf Jetski, beim Tanzen auf der Straße oder beim Sonnenbaden am Strand: Brigitte Macron scheint ihren Urlaub am Mittelmeer zu genießen. Bis zum Wochenende will die First Lady noch in Fort de Bregançon bleiben, jener Festung an der Côte d’Azur, in der die französischen Präsidenten traditionell ihre Sommerferien verbringen.

Für ihren Mann ist die Entspannung schon wieder vorbei. Gestern leitete Emmanuel Macron die erste Kabinettssitzung nach der Sommerpause. Die „Rentrée“, wie die Franzosen die Rückkehr in den Alltag nennen, ist für den Staatschef dieses Jahr schwierig, denn die Affäre um seinen prügelnden Leibwächter Alexandre Benalla ist noch nicht vergessen. Ein Untersuchungsausschuss des Senats befasst sich weiter mit dem Bodyguard, der mit seinem Fehlverhalten auf einen Schlag die Schwächen von Macrons Präsidentschaft offen legte. In Umfragen wirkt sich der Fall kaum aus, doch langfristig könnte der Ruf des 40-Jährigen Schaden nehmen. Deshalb ist es wichtig, dass Macron der Neustart nach dem Urlaub gelingt.

„Die Regierung muss zeigen, dass sie sich für die Umwandlung des Landes engagiert und dass die Affäre Benalla nur ein Einschub war, der nichts an ihrer Philosophie ändert“, fordert Frédéric Dabi vom Meinungsforschungsinstitut Ifop in der Zeitung „Opinion“. Schon in den nächsten Wochen will der Präsident eine Reihe von Reformen angehen. „Glaubt nicht eine Sekunde, dass ich die Absicht habe, langsamer zu machen oder einen anderen Weg einzuschlagen“, kündigte er bei einem seiner seltenen Ausflüge in die Umgebung des Fort Bregançon vergangene Woche an. So sollen noch im Herbst weitere Maßnahmen zugunsten der Unternehmen ergriffen werden. Mit dem Gesetz „Pacte“ will der frühere Wirtschaftsminister erreichen, dass vor allem kleine und mittlere Betriebe mehr Arbeitsplätze schaffen und die Arbeitslosigkeit so endlich zurückgeht. Denn auch nach mehr als einem Jahr im Amt hat es der Präsident nicht geschafft, die Quote dauerhaft unter neun Prozent zu drücken.

Außerdem stehen eine Reform der Arbeitslosenversicherung, ein Plan zur Armutsbekämpfung und Änderungen im Gesundheitswesen auf dem Programm. Alles Maßnahmen, mit denen Macron sein soziales Image aufpolieren und gegen den Ruf ankämpfen will, ein Präsident der Reichen zu sein. Verzichten muss er erst einmal auf die Verfassungsreform, die zu seinen wichtigsten Wahlkampfversprechen gehörte. Die Regierung musste die Debatte im Juli von der Tagesordnung der Nationalversammlung nehmen, da die Affäre Benalla das Thema überlagerte. Für die Opposition, die sich damals zum ersten Mal gegen die Regierungsmehrheit zusammenschloss, war das ein erster großer Erfolg.

Nun wird sie sich mit neuem Selbstbewusstsein gegen andere Projekte wie die umstrittene Rentenreform stellen, die Anfang 2019 vorgestellt werden soll. Schon die Haushaltsdebatte, die im September beginnt, dürfte der Opposition Gelegenheit geben, kräftig mit der Regierung abzurechnen. Das Budget bereitet Macron Kopfzerbrechen, denn das Wachstum fällt in diesem Jahr mit maximal 1,8 Prozent schwächer aus als erwartet. Das Sparprogramm, das der Präsident sich selbst auferlegt hat, um Frankreichs Glaubwürdigkeit auf europäischer Ebene wiederherzustellen, wird komplizierter. Bei 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts soll das Haushaltsdefizit 2019 liegen, doch die Zahl scheint nicht in Stein gemeißelt zu sein. Schon sprechen Abgeordnete von Macrons Partei La République en Marche (LREM) eher von 2,5 Prozent.

Damit senden sie allerdings ein schlechtes Signal an den Teil der konservativen Wählerschaft, der 2017 für Macron stimmte. Ein höheres Defizit böte den Rechten eine Angriffsfläche – neun Monate vor den Europawahlen.

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