"Ein großes Dilemma"

Saarbrücken. Die Angriffsklischees beider Seiten kennt Manfred Hahn gut: Wer die Altersfreigaben der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) zu lasch findet, hält deren Prüfer für Strohmänner der Filmwirtschaft

 Streitfall: Filme ab 12 Jahren, wie hier das harte Bond-Abenteuer "Casino Royale", dürfen in Elternbegleitung auch schon Sechsjährige sehen. Foto: Sony

Streitfall: Filme ab 12 Jahren, wie hier das harte Bond-Abenteuer "Casino Royale", dürfen in Elternbegleitung auch schon Sechsjährige sehen. Foto: Sony

Saarbrücken. Die Angriffsklischees beider Seiten kennt Manfred Hahn gut: Wer die Altersfreigaben der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) zu lasch findet, hält deren Prüfer für Strohmänner der Filmwirtschaft. Für Erwachsene, die Filme "ohne Altersfreigabe" (also ab 18) ungeschnitten sehen wollen, das aber nicht können, weil die FSK manche Filme ohne Schnitte nicht freigibt, sind die Prüfer hysterische Handlanger einer den Bürger entmündigenden Zensur-Einrichtung.

Sinnvoll also, dass Hahn, einer der über 200 ehrenamtlichen FSK-Prüfer, am Dienstagabend seine Arbeit in der Landesmedienanstalt Saarland (LMS) bei einem Vortrag erklärt hat. Dass manche Entscheidungen der FSK umstritten sind, versteht er, "denn es kann keine objektiven Freigaben geben". Zudem werde stets falsch verstanden, dass es sich bei den Freigaben um Empfehlungen handele: Es sind lediglich Altersgrenzen, ab denen Kinogänger nicht mit einer Schädigung für sich zu rechnen haben. Unabhängig davon, ob der Film dem Freigabe-Alter inhaltlich nun angemessen ist oder nicht. Die Prüfung der Filme sei nicht zuletzt eine juristische Absicherung der Filmfirmen, mit ihren jeweiligen Produkten nicht gegen den Jugendschutz zu verstoßen.

Jeweils sieben Prüfer sichten einen Film und stimmen über die Freigabe ab: ohne Altersbeschränkung (FSK 0), frei ab sechs, ab 12, ab 16 und ab 18 ("keine Jugendfreigabe"). So weit, so eindeutig. Nur: Seit 2003 bedeutet "ab 12", dass in Begleitung Erziehungsberechtigter auch Kinder ab sechs Jahren den Film sehen können. "Politisch gewollt" sei diese "sehr umstrittene" Entscheidung gewesen, sagt Hahn. (Man darf durchaus darüber spekulieren, dass die Filmwirtschaft lobbyistisch auf die Politik eingewirkt hat, bedeutet die "ab 12"-Aufweichung doch ein erheblich größeres potenzielles Publikum).

Ein weiterer Diskussionspunkt: Wie kann es sein, davon berichtete eine Mutter, dass vor einem "ab 6"-Film Werbetrailer für Filme ab 12 laufen können? Hahn: Filme und ihre jeweiligen Trailer werden getrennt geprüft und eingestuft, weil sie als eigenständige Kunstwerke gelten. So könne es im Extremfall sein, dass der Trailer zu einem "ab 18"-Werk wie dem Horrorfilm "Saw VI" FSK 0 erhält: Der Trailer zeigt nichts außer dem Schriftzug des Filmtitels - und wirbt um die Eltern der jungen Kinobesucher.

"Ein großes Dilemma" sieht Hahn in den starren Altersgrenzen, die Werner Röhrig, bei der LMS für Jugendschutz zuständig, sogar "bescheuert" nennt. Eine Differenzierung mit "ab 10" und "ab 14" tue Not, sei aber Sache des Gesetzgebers. Immerhin denke der darüber nach, sagt Hahn, die aufgeweichte 12er Freigabe wieder zu differenzieren: damit Sechsjährige nicht automatisch alle 12er-Filme sehen können, sondern nur ausgewählte.

Hintergrund

Die FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) hat seit 1949 über 126 160 Filme, Videos und DVDs geprüft. Sie finanziert sich über die Prüfgebühren, die die Verleihe zahlen (um die 1300 Euro/Film). Freigaben gibt es im Internet. tok

Internet: www.fsk.de

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