Ein Fortschritt, der Erörterung heißt

Saarbrücken. In den Vorbemerkungen zur Novelle des Landesdenkmalschutzgesetzes heißt es in wurmstichigem Amtsdeutsch, "die Akzeptanz der Denkmalerkenntnis der Landesdenkmalbehörde" sei "verbesserungswürdig". Erschließen sich Entscheidungen der Behörde nicht? Ist der Denkmalschutz in der Öffentlichkeit verpönt? Beides trifft zu

 Die Unterschutzstellung des Finanzministeriums brachte im April 2010 das denkmalpflegerische Fass zum Überlaufen. Foto: Maurer

Die Unterschutzstellung des Finanzministeriums brachte im April 2010 das denkmalpflegerische Fass zum Überlaufen. Foto: Maurer

Saarbrücken. In den Vorbemerkungen zur Novelle des Landesdenkmalschutzgesetzes heißt es in wurmstichigem Amtsdeutsch, "die Akzeptanz der Denkmalerkenntnis der Landesdenkmalbehörde" sei "verbesserungswürdig". Erschließen sich Entscheidungen der Behörde nicht? Ist der Denkmalschutz in der Öffentlichkeit verpönt? Beides trifft zu. In doppelter Hinsicht das Fass zum Überlaufen brachte im April 2010 der einsame Entschluss des obersten Denkmalpflegers Josef Baulig, das Finanzministerium unter Denkmalschutz zu stellen. Der Landesdenkmalrat als unabhängiger Sachwalter in Denkmalschutzfragen entrüstete sich, weil sich der Nobis-Bau von 1965 bis heute städtebaulich als Fremdkörper erweist. Weshalb ihn mancher lieber abgerissen sähe und seine Adelung als Denkmal mithin Wasser auf die Mühlen derer war, die in der Denkmal- eher eine Verhinderungsbehörde zu erkennen glauben. Eine Polemik, die dem Amt nicht gerecht wird.Weit hinter das Frühjahr 2010 zurück reicht die Debatte um eine Neupositionierung des Denkmalschutzes. Seit Jahren fordert der Denkmalrat mehr Transparenz in den Entscheidungsprozessen. Einerseits, um den öffentlichen Diskurs über Sinn und Zweck von Denkmälern anzukurbeln. Andererseits, um selbst mehr Kompetenzen zu gewinnen. Bislang verfügt man nur über ein Anhörungsrecht, mit dem sich faktisch nichts bewegen lässt. Handlungsbedarf sah am Ende auch das Umweltministerium, dem das Denkmalamt als weisungsgebundene Stabsstelle zugeordnet ist. Also installierte man vor einem halben Jahr einen Runden Tisch (besetzt mit Vertretern von Ministerium, Denkmalrat, der Fachbehörde und den Fraktionen), um die unterschiedlichen Interessen, soweit man dies politisch für opportun hielt, in die geplante Gesetzesnovelle einfließen zu lassen. Nun, da der fertige Entwurf vorliegt, stellt sich die Frage: Was hat der Runde Tisch gebracht? Und was bringt die Novelle, die in einigen Wochen in den Landtag eingebracht werden soll? Umweltstaatssekretär Dieter Grünewald sieht den Denkmalschutz "durch viele kleine, feine Faktoren" gestärkt. Der Denkmalrat gewinne an Einfluss, Klimaschutzfragen würden berücksichtigt, wobei man sich "von den Profis der Denkmalpflege" habe überzeugen lassen, entsprechende Auflagen maßvoll einfließen zu lassen. Auch sei das Verhältnis Eigentümer/Denkmäler klarer gefasst.

Aus Sicht des Denkmalrates ist das Ergebnis zwiespältig. Er wird, weil ihm aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Einspruchsrecht verwehrt bleiben muss, auch künftig nicht "auf Augenhöhe" mit der Behörde agieren, wie es der Ratsvorsitzende, Architekt Henning Freese, wollte. Gescheitert ist der Rat auch mit der von ihm propagierten Wiedereinführung der unteren Denkmalschutzbehörden in den Kommunen. Sie wurden 2005 im Zuge der letzten Novelle aufgelöst, um Verwaltungswege zu verkürzen. Dass dies erreicht wurde, bestreitet Freese nicht, bezweifelt aber, dass die damit verbundene Aufhebung der Trennung von Legislative und Exekutive im Denkmalschutz (die einzige Denkmalbehörde ist zugleich oberste Landesbehörde) diesem gut tat: "Es gibt seither nur noch einen, der entscheidet."

Dennoch stärkt, ein Verhandlungserfolg des Rates, der nun überarbeitete Entwurf Position und Unabhängigkeit des Rates: Weil er künftig dem Parlament jährlich (statt wie bisher alle fünf Jahre nur der Regierung) einen Situationsbericht vorlegen soll, dürften seine Einschätzungen und Einwände künftig mehr Gehör finden. Hinzu kommt, dass er nicht mehr nur förmlich angehört wird, sondern Bauligs Behörde Einträge in und Löschungen aus der Denkmalliste mit ihm "vorab zu erörtern" hat. Ein wesentlicher Fortschritt, zwingt dies die Behörde doch zum Dialog mit dem Rat. Wenn Freese konzidiert, man habe "künftig mehr Instrumente zur Verfügung", so auch deshalb, weil die Benennung der ehrenamtlichen Denkmalbeauftragten künftig "im Einvernehmen" mit dem Rat erfolgen soll. Sofern dieser, was er bislang versäumt hat, Kontakt hält mit den als lokale Frühwarnsysteme einsetzbaren Mediatoren, dürfte er künftig schneller im Bilde sein.

Last but not least wird (auf Betreiben von Baulig) der Denkmalschutz dadurch gestärkt, dass der bisherige, Eigentümer zum Nachteil der Denkmäler begünstigende Gesetzespassus relativiert wird, wonach selbige nur zu erhalten sind, "soweit dies wirtschaftlich zumutbar ist". Ein Primat, das sich in der Praxis als fatal erwies, weil sich "jede Baumaßnahme bei einem älteren Haus kaputtrechnen lässt" (Freese). Also war es ein Leichtes, Auflagen auszuhebeln und so selbst den Abriss geschützter Gebäude zu erwirken. Künftig soll die wirtschaftliche Unzumutbarkeit einer Erhaltung oder Instandsetzung vom Eigentümer nachgewiesen werden.

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