Die „Addams Family“ im Zeltpalast

Saarbrücken · „Musik & Theater Saar“ ist wohl ein Coup geglückt: Joachim Arnold hat sich die deutschen Musical-Rechte für die rabenschwarze „Addams Family“ gesichert. Außerdem gründet der Zelttheaterchef eine eigene Produktionsgesellschaft, „Arnolds Circus“, bei der acht Prozent Rendite locken sollen.

Jahrelang war es ein "Hirngespinst", sagt Joachim Arnold. Wenn er nächtens mit Regisseur Andreas Gergen "nach drei Flaschen Rotwein" an Wunschträumen herumzimmerte, tauchten sie auf: die makabren, grotesken Gestalten aus der "Addams Family". Wäre es nicht großartig, diese in den USA oder Australien bereits als Musical produzierte Kult-Satire nicht auch in Deutschland herauszubringen, im Merziger Zeltpalast? Zu teuer, urheberrechtlich zu kompliziert, einfach vier Nummern zu groß? Falsch. Der Berliner Galissas Verlag, mit dem Arnold bereits öfter zusammenarbeitete und der unter anderem auch die Musicals von Frank Nimsgern vermarktet, ließ sich infizieren, dann war in 14 Tagen alles geritzt.

Der Verlag legte richtig Geld auf den Tisch, Arnold auch. Und jetzt findet das erste "Addams Family"-Casting bereits am 21. Oktober in Berlin statt, für die Branche eine Sensation, sagt zumindest Arnold. Er ist unüberhörbar enthusiastisch und stolz: "Wir haben die Erstaufführungsrechte. Niemand sonst darf das Stück in den nächsten zwei Jahren in Deutschland, der Schweiz oder Österreich auf die Bühne bringen." Klingt nach einem Coup - und nach einem Kostümfest in Merzig. Denn in "The Addams Family" tritt ein herrlich abgedrehtes Monster-Personal in einer maroden viktorianischen Villa auf. Die Dame des Hauses, Morticia, liebt Rosen mit abgeschlagenen Köpfen, Töchterlein Wednesday köpft Puppen und verfolgt ihren Bruder mit Mordanschlägen. Schwarzer Humor - und im Musical geht es laut Arnold noch irrwitziger, noch komischer zu. Denn Wednesday will einen stockbraven Normalo heiraten.

Das Musical basiert auf den Cartoons von Charles Addams aus den späten 30er Jahren. Vielleicht hört sich deshalb die Musik von Andrew Lippa, die im Internet verfügbar ist, sehr opernhaft und ein wenig oldfashioned an. Jedenfalls ist das Musical keine Kopie der Filmkomödien von Barry Sonnenfeld aus den Neunzigern, in denen Angelica Houston und Raúl Juliá das total verknallte Elternpaar spielten.

Im Zeltpalast tritt 2014 Andreas Gergen als Regisseur an, Danny Costello übernimmt die Choreografie - es ist das "Hairspray"-Team. "Es wird eine richtig große Produktion", sagt Arnold, der in diesem Sommer mit "Cabaret" eine personell schmalere Inszenierung lieferte, um sein Unternehmen zu stabilisieren. Die "Addams Family" hat dem hingegen ein zwanzigköpfiges Ensemble. Ziel ist, in Merzig keine Eintagsfliege zu produzieren, sondern ein Qualitäts-Stück, das andere übernehmen. Das war bereits mit "Hairspray" (2012) angedacht, scheiterte jedoch an einem Liquiditäts-Engpass.

Arnolds Kulturaktie

Damit sich dies nicht wiederholt, "Musik & Theater Saar" nicht noch einmal durch ein Millionen-Projekt gefährlich nahe an die Insolvenz gerät, hat Arnold nun eine Produktionsfirma gegründet: "Arnolds Circus". "Das geschieht nicht aus Frust, sondern aus Einsicht. Wir haben gelernt, dass wir mit der Substanz von Musik & Theater Saar das Produktionsrisiko nicht mehr allein stemmen können und wollen. Wir werden es auf private Investoren verlagern", sagt er. Arnold ist zuversichtlich, dass er rund 500 000 Euro auf dem freien Geldmarkt einsammeln wird, ganz nach dem angelsächsischen Modell. Wenn man so will, legt Arnold eine Kulturaktie auf: "Es ist ein Geschäftsmodell, wir bieten eine Rendite von acht Prozent."

Für "Musik & Theater Saar" aber bleibt alles beim Alten: Mettlacher Kammermusiktage, Losheimer Klassik Open Air, Organisation/Gastronomie für die sechswöchige Musical-Saison im Sommer. Jedoch gilt: "Wir werden im Saarland nicht mehr wachsen."

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