Der hohe Norden fesselt die Polit-Prominenz

Kiel. Das Bundesland zwischen den Meeren rückt 2012 bundesweit in den Blickpunkt: Am 6. Mai wird der Kieler Landtag gewählt. Und weil es der einzige Urnengang im Jahr vor der Bundestagswahl ist, konzentrieren sich alle Parteien auf Schleswig-Holstein

Kiel. Das Bundesland zwischen den Meeren rückt 2012 bundesweit in den Blickpunkt: Am 6. Mai wird der Kieler Landtag gewählt. Und weil es der einzige Urnengang im Jahr vor der Bundestagswahl ist, konzentrieren sich alle Parteien auf Schleswig-Holstein. Rot-Grün könnte am Ende das Rennen machen, der bisherige Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) als Nachfolger des scheidenden Regierungschefs Peter Harry Carstensen (CDU) in die Staatskanzlei einziehen. Auch Schwarz-Grün mit dem neuen CDU-Vormann Jost de Jager hat nach derzeitiger Stimmungslage durchaus Chancen: Die selbstbewussten Grünen mit Spitzenkandidat Robert Habeck stehen zwar der SPD näher, legen sich aber nicht fest.Wie wichtig die Wahl aus Berliner Sicht ist, zeigt das massive Engagement der Politprominenz. Die Spitze der SPD-Bundestagsfraktion mit deren Chef Frank-Walter Steinmeier zieht es ebenso in den Norden wie Kanzlerin Angela Merkel und die CDU-Minister Norbert Röttgen, Wolfgang Schäuble, Ursula von der Leyen und Thomas de Maizière. Zwischen Genossen und Christdemokraten zeichnet sich ein harter Kampf um den Spitzenplatz ab. Um 31 bis 33 Prozent schwanken die Umfragewerte für beide.

Albig, der sich in einem SPD-Mitgliederentscheid klar gegen Landespartei- und Fraktionschef Ralf Stegner durchsetzte, ist zwar ein Pragmatiker, mit dem auch CDU und FDP "könnten". Er hat sich aber auf die Grünen festgelegt - nach eigenem Bekunden nicht nur, weil seine Partei so tickt: "Ich bin sehr überzeugt von einem rot-grünen Politikansatz." CDU-Spitzenmann de Jager wünscht zwar der FDP Erfolg. Dennoch betont er: "Wir werden ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf gehen und für unsere eigene Stärke werben." Wie schon vor der Wahl 2009 sieht die CDU auch in den Grünen einen potenziellen Partner, unüberwindbare Gräben sind Geschichte.

Dass es in Kiel bei Schwarz-Gelb bleiben könnte, glauben selbst in diesem Lager nur wenige. Grund ist die tiefe Krise der Liberalen. Eine Bleiweste und Betonfüße habe die Bundespartei der Nord-FDP zum Wahlkampf verpasst, meinte Landes-Fraktionschef Wolfgang Kubicki nach dem Rücktritt von Generalsekretär Christian Lindner. Sollte die FDP nicht das rettende Fünf-Prozent-Ufer erreichen, wäre wohl auch das Schicksal von Parteichef Philipp Rösler besiegelt. Derzeit krebst die Partei im Norden bei drei Prozent herum.

Nach der Landtagswahl, die wegen eines Verfassungsgerichtsurteils vorzeitig abgehalten wird, können die Grünen mitregieren - falls es nicht zur wundersamen Genesung der FDP oder zu einer großen Koalition kommt. Mit der Aussicht auf mindestens 15 Prozent könnten die Grünen ihren Senior-Partner dann wählen. Spitzenkandidat Habeck sieht Unterschiede zur CDU vor allem in den Bereichen Kultur, Bürgerbeteiligung, Soziales und bei der Bildung. Als größte Streitpunkte mit der SPD nennt er die Haushaltssanierung und den "grünen Umbau" der Wirtschaft.

Während die Chancen auf Rückkehr ins Parlament für die Linken mau aussehen, ist die Piratenpartei die große Unbekannte. Nach den aktuellen Umfragen könnte sie es schaffen. Dagegen kennt der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) traditionell keine Zitterpartien: Die Partei der dänischen und friesischen Minderheit ist von der Fünf-Prozent-Klausel befreit.

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