Blicke auf sich selbst

Baden-Baden · „Übermorgenkünstler“ heißt eine Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden, die 36 ausgewählten jungen Künstler von Kunsthochschulen im Südwesten ein Forum bieten will. Auch zwei Saarbrücker Studierende der HBK sind vertreten.

 Viel Muskeln und nur ein halber Kopf: ein Bild aus Lotte Meret Effingers Video-Installation „Supernature“. Foto: Effinger / Kunsthalle

Viel Muskeln und nur ein halber Kopf: ein Bild aus Lotte Meret Effingers Video-Installation „Supernature“. Foto: Effinger / Kunsthalle

Foto: Effinger / Kunsthalle
 Eine rätselhafte Arbeit von Nina Laaf aus Stahl, Alu, Baumwolle und Gips. Foto: Laaf / Kunsthalle

Eine rätselhafte Arbeit von Nina Laaf aus Stahl, Alu, Baumwolle und Gips. Foto: Laaf / Kunsthalle

Foto: Laaf / Kunsthalle

Wenn man es einmal geworden ist, dann für immer. Deshalb funktioniert die Bezeichnung "Künstler" im Titel der Ausstellung, die als Wettbewerb für Studierende und frisch gebackene Absolventen der Kunsthochschulen in Basel, Frankfurt, Karlsruhe, Mainz, Straßburg, Saarbrücken und Stuttgart ausgeschrieben war, am besten in Kombination mit "Übermorgen". Der Titel "Übermorgenkünstler" lässt jedoch ungeklärt, ob es sich um eine Verheißung oder eher eine Herausforderung handelt - oder von den Bewerbern gar als Provokation verstanden werden muss, weil ja die Frage aufkommt: "Warum sind wir in euren Augen noch keine Künstler? Obwohl Kunst doch jetzt schon alles für uns ist."

430 junge Künstler hatten ihrer Werke eingereicht, 36 wurden ausgewählt, darunter Richard Engel und Peter Strickmann von der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK). Nun bewirbt ein Standbild aus einer der gezeigten Videoarbeiten stellvertretend die gesamte Ausstellung: Vor rosa Grund, der Oberkörper einer weiblichen Bodybuilderin im silbernen Retro-Bikini mit Migrationshintergrund und tätowiertem Oberarm. Bekennend unangepasst: transgender, multikulti, dabei vor Kraft strotzend, eben ein wenig von allem und überdeutlich die Absicht versprühend, keinesfalls das zu bleiben, als was man zur Welt gekommen ist.

Diese Absicht kommt bei vielen der "Übermorgenkünstler" in komplexer Konzeptkunst und aus Webcam-Fotos, Chatverläufen, Homevideos und Übertragungen aus Überwachungskameras zusammengesetzten Digital-Collagen zum Ausdruck, die trotz allem einen erklärenden Einblick in die Lebenswelt der Nachwuchs-Künstler sind. Dessen Beschäftigung mit sich selbst ist auch das am deutlichste erkennbare Muster. So hat der Saarbrücker HBK-Absolvent Richard Engel zufällig in der Hose mitgewaschene Taschentücher zu Minitaturskulpturen verarbeitet. Sein Kommilitone Peter Strickmann nimmt sich soweit zurück, dass nur ein kurz ertönendes Geräusch von ihm und seiner unsichtbaren Arbeit zeugt. Er spielt damit, dass der Besucher unweigerlich versucht, das Geräusch einer anderen Arbeit im Raum und somit einem anderen Künstler zuzuordnen.

Bis 4. Oktober.

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