Wenn der Vater eine Frau ist

Linus de Paoli bekennt sich in seinem Hochschul-Abschlussfilm "Dr. Ketel" als Genre-Fan. Im "Film Noir"-Stil erzählt der Absolvent der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin mit stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Bildern von einem Mann in Berlin-Neukölln in naher Zukunft

 Das muss man erstmal verkraften: Die 15-jährige Maren (Luisa Sappelt) erfährt aus heiterem Himmel, dass ihr Vater inzwischen eine Frau ist. Die heißt Sophia und wird von Devid Striesow gespielt. Foto: MOP

Das muss man erstmal verkraften: Die 15-jährige Maren (Luisa Sappelt) erfährt aus heiterem Himmel, dass ihr Vater inzwischen eine Frau ist. Die heißt Sophia und wird von Devid Striesow gespielt. Foto: MOP

Linus de Paoli bekennt sich in seinem Hochschul-Abschlussfilm "Dr. Ketel" als Genre-Fan. Im "Film Noir"-Stil erzählt der Absolvent der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin mit stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Bildern von einem Mann in Berlin-Neukölln in naher Zukunft. Das öffentliche Gesundheitssystem existiert nicht mehr, nur wer Geld hat, kann sich medizinische Hilfe leisten. Dr. Ketel (Ketel Weber) arbeitet tagsüber als Hausmeister - und nachts hilft er als Straßendoktor den Ärmsten der Armen, die keine Mittel für eine Behandlung haben. Ketel ist ein Mediziner ohne Zulassung, bricht in Apotheken ein, um sich Medikamente zu verschaffen. Linus und Anna de Paoli (Regie, Buch, Produktion) zeigen diesen "Engel der Nacht" als Getriebenen, innerlich zerrissenen Menschen: ein Berufener ohne Legitimation, der nur Gutes tun kann, wenn er illegal handelt. Der Film kann nach starkem Beginn die Spannung nicht durchweg halten, überzeugt aber mit Stilwillen und dem Mut, Neuland zu betreten.

Heute 22.15 Uhr: CS 3; Fr 19.45 Uhr: CS 1; Sa 12.30 Uhr:

CS 3; So 18 Uhr: Filmhaus.

Noch ein Genrefilm. Vom Film Noir zur Komödie: "Puppe, Icke & Der Dicke" ist nach neun Kurzfilmen der erste lange Spielfilm des Berliners Felix Stienz. Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: er hätte besser einen weiteren kurzen Film gedreht. Denn über 90 Minuten trägt die Geschichte seiner drei durchaus originellen Typen nicht. "Puppe" heißt eigentlich Europe, ist blind und lebt in Paris. "Icke", das ist Bomber, ein kleinwüchsiger Berliner, Marke: große Klappe, nix dahinter. Und als "Der Dicke" wird der stumme Kioskbesitzer Bruno bezeichnet. Irgendwie kreuzen sich ihre Wege, sie sind eine Zeitlang zusammen unterwegs, verlieren sich wieder. Der Beginn ist witzig und es gibt auch zwischendrin einige herrlich abstruse Szenen. Doch "Puppe, Icke & Der Dicke" ist kaum mehr als eine Nummern-Revue, gleicht einem bunten Luftballon, der zuerst schön anzusehen ist, dem aber allzu schnell die Luft ausgeht.

Heute 19.45 Uhr: CS 3; Fr 13 Uhr: CS 1; Sa 10.30 Uhr: CS 1;

So 20.45 Uhr: CS 1.

Wie man eine Geschichte behutsam entwickelt, wie man nach und nach Spannung aufbaut und mit berührenden Szenen und überraschenden Wendungen aufwartet, das zeigt Lars Gunnar Lotz mit "Schuld sind immer die Anderen". Das ist von den filmischen Mitteln her nicht mehr als ein braves Fernsehspiel, doch die packende Geschichte und die Darsteller machen das locker wett. Im Mittelpunkt steht Ben (Edin Hasanovic), ein Straftäter, der gegen seine Opfer mit roher Gewalt vorgeht. Bald landet er im Jugendknast. Doch er hat Glück, bekommt die Chance, seine Strafe in einem sozialen Projekt zu verbüßen. Dort trifft er auf die Betreuerin Eva (Julia Brendler) - ein früheres Opfer von ihm. Was sonst keiner weiß, denn sein Überfall wurde nie aufgeklärt. Der Film wirkt anfangs etwas konstruiert, doch insgesamt ist die packende Geschichte dieser schwierigen Selbstfindung glaubhaft und stimmig.

Heute 19.30 Uhr: CS 1; Fr 22 Uhr: CS 3; Sa 11.30 Uhr: CS 4;

So 16 Uhr: CS 1.

Apropos Selbstfindung: Darum geht es auch in "Transpapa" von Sarah Judith Mettke. Auch diese Uraufführung ist stilistisch nicht gerade aufregend, wirkt zunächst etwas betulich, steigert sich aber und baut einen schönen Spannungsbogen auf. Erzählt wird eine ungewöhnliche Familiengeschichte, aus der Sicht der 15-jährigen Maren (Luise Sappelt). Die steckt voll in der Pubertät und erfährt, dass ihr Vater Bernd (gespielt vom zukünftigen SR-"Tatort"-Kommissar Devid Striesow) nicht in Nepal unterwegs ist, sondern in einem Vorort von Köln lebt - als Frau. Maren macht sich heimlich auf und besucht ihren Erzeuger. Und so prallen zwei verschiedene Weltanschauungen aufeinander. "Transpapa" nimmt seine Figuren ernst, hält sehr schön die Balance zwischen Tragik und Komik, besticht mit pointierten Dialogen und trockenem Humor. Und punktet mit zwei fabelhaften Darstellern: Luisa Sappelt und Devid Striesow.

Heute 22 Uhr: CS 1; Fr 10 Uhr: FH; Sa 13 Uhr: CS 1; So 21 Uhr: CS 3.

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