Sind Fledermäuse immun gegen Ebola?

Radolfzell · Fledermäuse können ihren Stoffwechsel gezielt variieren. Das hat offenbar auch Auswirkungen auf ihr Immunsystem. Ihm traut ein internationales Biologenteam nun auch zu, mit dem Erreger der Ebola-Seuche fertigzuwerden.

 Flughunde stehen im Verdacht, Viren zu übertragen, die dem Menschen gefährlich werden können. Foto: Drosten/Uni Bonn

Flughunde stehen im Verdacht, Viren zu übertragen, die dem Menschen gefährlich werden können. Foto: Drosten/Uni Bonn

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Sind Fledermäuse wegen ihres speziellen Immunsystems gegen das Virus der für Menschen tödlichen Ebola-Seuche immun? Dieser Frage geht ein Team von Biologen des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell nach. Das Immunsystem der Fledermäuse - rund 1300 Arten sind bekannt - ist kaum erforscht, obwohl die Tiere im Verdacht stehen, mehrere Infektionskrankheiten zu übertragen.

Nach Erkenntnissen der Forscher des Max-Planck-Instituts, der Uni Konstanz und des Smithsonian Tropical Research Institute in Panama arbeitet bei Fledermäusen die Infektabwehr möglicherweise nach völlig anderen Prinzipien als sonst in der Welt der Säugetiere . Die Wissenschaftler schließen das aus der Tatsache, dass die Tiere Antikörper gegen Krankheitserreger im Blut haben, selten aber die Erreger selbst nachweisbar sind. Die Forscher konzentrierten sich bei einer Studie auf die Große Samtfledermaus (Molossus molossus).

Stoffwechsel auf Sparflamme

Die Tiere ruhen tagsüber und gehen nachts auf die Jagd. Tags regeln die Fledermäuse dabei ihren Organismus auf Sparflamme herunter. Dabei sinkt ihre Körpertemperatur. Kommt ihr Stoffwechsel bei Sonnenuntergang auf Touren, dann steigt ihre Köpertemperatur auf über 40 Grad Celsius, denn im Flug muss der Organismus der Tiere Höchstleistungen bringen. Diesen Effekt betrachten die Forscher wie ein tägliches Fieber, das die Immunabwehr gegen Krankheitserreger aktivieren kann. Verharren die Tiere dagegen tagsüber im Sparmodus, reduziere ein solcherart gedrosselter Stoffwechsel auch die Vermehrung der Krankheitserreger .

Die Forscher überprüften ihre Hypothese, indem sie Fledermäusen eine Substanz verabreichten, die als Bestandteil der Zellen vieler Krankheitserreger eigentlich das Immunsystem auf den Plan rufen müsste. Bei den untersuchten Fledermäusen geschah jedoch nichts. Weder änderte sich der Verlauf ihrer täglichen Temperaturkurve, noch habe sich die Zahl weißer Blutkörperchen geändert - ein Indikator für die Stärke der Immunabwehr. Allerdings hätten die untersuchten Fledermäuse binnen 24 Stunden erheblich an Gewicht verloren. Die Forscher werten dies als ein Zeichen, dass das Immunsystem der Fledermäuse gegen die Testsubstanz mobilmachte und dabei die Energiereserven anzapfte.

Auch wenn noch nicht bekannt ist, welche zellulären Prozesse ablaufen, sei doch offensichtlich, dass sich das Immunsystem der Fledermäuse anders als das anderer Säugetiere verhalte, erklärt Dina Dechmann vom Max-Planck-Institut. "Wir müssen verstehen, was sie so besonders macht."

Die Forscher halten es nun für möglich, dass Fledermäuse im Fall von Ebola zu Unrecht als Überträger der Seuche am Pranger stehen. Die Beweiskette stütze sich bislang auf Antikörper gegen Ebola, die im Blut von Flughunden entdeckt wurden. Möglicherweise seien diese Beobachtungen aber gerade als Hinweis darauf zu werten, dass die Tiere zwar häufig in Kontakt mit dem Virus kommen, aber wegen ihres besonderen Immunsystems in der Lage seien, die Infektion abzuwehren. Ganz ähnlich könnte es auch bei anderen Infektionen sein, beispielsweise der Tollwut. "Wenn wir verstehen, wie die Tiere mit Krankheiten fertigwerden, könnten wir dieses Wissen nutzen, um neue Impfungen und Medikamente zu entwickeln", erklärt der Autor der Untersuchung, Teague O'Mara.

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