Schwimm-WM in Südkorea Deutsche Freiwasserschwimmer räumen ab

Yeosu · Florian Wellbrock holt bei der WM in Südkorea über zehn Kilometer Gold, Rob Muffels Bronze. Harter Kampf gegen Franzosen Olivier.

 Gold und Bronze lieb ich sehr, kann’s auch gut gebrauchen: Der neue Freiwasser-Weltmeister Florian Wellbrock (links) und der Dritte Rob Muffels zeigen ihre Medaillen aus dem Zehn-Kilometer-Rennen.

Gold und Bronze lieb ich sehr, kann’s auch gut gebrauchen: Der neue Freiwasser-Weltmeister Florian Wellbrock (links) und der Dritte Rob Muffels zeigen ihre Medaillen aus dem Zehn-Kilometer-Rennen.

Foto: dpa/Bernd Thissen

(sid) Als nach seinem ersten WM-Triumph die deutsche Nationalhymne erklang, atmete Florian Wellbrock tief durch und senkte den Kopf. Mit der Goldmedaille um den Hals versuchte der neue deutsche Schwimmstar zu begreifen, was gerade passiert war. „In den letzten Nächten habe ich vor dem Einschlafen immer daran gedacht: Du willst Weltmeister werden“, sagte der 21-Jährige nach seinem Freiwassersieg in Yeosu über zehn Kilometer: „Dass ich es jetzt geschafft habe, muss erst mal im Kopf ankommen.“

Sein Freund und Trainingspartner Rob Muffels, der mit Bronze gleich die zweite deutsche Medaille der WM in Südkorea gewann, half ihm dabei. „Wir haben auf die Ergebnisliste geguckt und gesagt: Weltmeister und Dritter, verdammt, das ist ganz schön krass“, berichtete der 24-Jährige und grinste.

Schon zuvor hatte der erfahrenere Muffels, der bei der WM-Qualifikation den Saarbrücker Andreas Waschburger haarscharf ausgestochen hatte, im Wasser des EXPO Ocean Park versucht, dem deutschen Hoffnungsträger beim ersten Teil seiner doppelten WM-Mission zur Seite zu springen. In der letzten Runde drängte der Teamweltmeister von 2015 den französischen Olympiadritten Marc-Antoine Olivier ab, „damit wir auf eins und zwei schwimmen“. Dafür riskierte er sogar eine Verwarnung.

Doch Wellbrock, im vergangenen Jahr im Becken Europameister über 1500 Meter Freistil und im Freiwasser noch relativ neu, reagierte nicht. „Die Intention war, dass Flo gehen kann, dann wäre er weggewesen“, erklärte Teamchef Bernd Berkhahn, Heimtrainer des Magdeburger Duos, „aber er hat nicht wirklich geschaltet.“ Wellbrock („Ich wusste nicht, dass es Rob ist“) verpasste die Chance auf einen einsamen Sieg und musste bis zum Zielanschlag kämpfen – mit harten Bandagen. Olivier zog auf den letzten Metern alle Register. „Er ist unfairerweise über mich drüber und hat mich untergetaucht“, klagte Wellbrock. Dennoch setzte er sich im Endspurt nach 1:47:55,9 Stunden mit zwei Zehntelsekunden Vorsprung durch: „Ich bin hinten raus der Schnellere. Ich konnte mich lösen und Gas geben.“

Die deutsche Teamleitung um Bundestrainer Stefan Lurz dachte kurz über einen Protest nach, um Muffels auf Silber zu heben, verzichtete aber vor allem aus taktischen Gründen darauf. Die Franzosen besetzen im Weltverband FINA gerade im Freiwasser einflussreiche Positionen. Nach den beiden Zehn-Kilometer-Rennen in Yeosu haben die deutschen Athleten ohnehin schon „viel mehr“ erreicht als erwartet, so Lurz: „Es ist ein historischer Tag.“ Weil zuvor bereits Finnia Wunram und Leonie Beck als Achte und Neunte ebenfalls ihre Tickets für Tokio gelöst hatten, schickt der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) 2020 vier Freiwasserschwimmer zu Olympia – als erster der Welt.

Dann wird Wellbrock, der in Südkorea noch im Becken über 800 und 1500 Meter Freistil Medaillen gewinnen will, der Gejagte sein. Auch Muffels, der vor vier Jahren die Qualifikation für Rio verpasst hatte, will einer der Jäger sein. „Wir wollen beide Gold“, betonte er und fügte an: „Unsere Freundschaft steht darüber.“ Nachdem sie sich im Trainingslager und in Yeosu ein Zimmer teilten und sich „Sprüche reindrückten und triezten“ (Wellbrock), gehen sie nun getrennte Wege. Während Muffels am Donnerstag (1 Uhr MESZ) im Freiwasser noch eine Staffelmedaille gewinnen will, zieht Wellbrock nach Gwangju um und startet Teil zwei seiner WM-Mission: „Erst mal kopftechnisch einen Tag abschalten und dann volle Kraft voraus fürs Beckenschwimmen.“

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