Rennsportfreunde drehen die Zeit zurück

St Wendel · Tausende von Rennsportfreunden, frühere Weltmeister, mit deren Name man noch heute das Dröhnen eines Motorradmotors verbindet, machten am Wochenende den Wendelinuspark (fast) zu einer Rennstrecke.

 Für Motorradfans gab es viele Schmuckstücke zu sehen.

Für Motorradfans gab es viele Schmuckstücke zu sehen.

Bob Dylans Stimme klingt durch die Lautsprecheranlage im Wendelinuspark. Der US-Sänger nölt "The times they are a-changing", was zu deutsch heißt "Die Zeiten ändern sich". Stimmt. Das vierte internationale Motorsport-Klassik-Event dreht in St. Wendel die Zeit zurück, 250 Fahrer pilotieren historische Motorräder, Gespanne und Rennwagen während der zahlreichen Präsentationsfahrten über die 1000 Meter lange Strecke im Wendelinuspark. Anno dazumal waren es Rennmaschinen, heutzutage werden sie wie Models von einem Fachpublikum bestaunt. Im Schneckentempo lässt sich die 76-jährige Christine Etheridge, die ehemalige Goldschmiedin der englischen Königin Elizabeth, von ihrem Mann Dennis (74) majestätisch im Beiwagen einer New Imperial Baujahr 1922 über den Asphalt chauffieren.

Im Zelt sitzen mit dem Schweizer Luigi Taveri und dem gebürtigen Engländer Jim Redmann, zwei Piloten, die Rennsportgeschichte geschrieben haben. "Ich habe früher alle Rennen in St. Wendel gesehen", sagt Hans-Lothar Koch aus Steinberg-Deckenhardt. Der 76-Jährige führt ein Gespräch mit dem vierfachen Seitenwagen-Weltmeister Max Deubel. Mittlerweile hat das Spektakel mit den Motorradgespannen den Rückwärtsgang eingelegt. "Es ist keine Motorradfirma bereit zu helfen. So ist keine Lobby für den Gespannsport vorhanden, wodurch es am richtigen Kapital mangelt", erklärt der 79-jährige Deubel wehmütig. An die Rennen in St. Wendel habe er nur gute Erinnerungen. "Drei Siege habe ich rausgefahren, die Atmosphäre war immer ganz toll", erinnert sich Deubel gerne an die Sekundenjagd in den 1950er- und 1960er-Jahren zurück.

Monika Schuh; die Tochter des früheren Rennleiters August Balthasar, war seinerzeit 14 Jahre alt. "Zuerst habe ich in der Rennleitung geholfen, später wurde ich Sekretärin", erzählt die Seniorin. In diesem Jahr hätte ihr Vater seinen 100. Geburtstag gefeiert. Ihm zu Ehren ist eine Gedenktafel in der Brühlstraße aufgestellt und am Freitag feierlich enthüllt worden.

Rennbenzin ist wie Parfüm

"August Balthasar war der väterliche Freund aller Rennfahrer", stellte Manfred Amelang in seiner Laudatio heraus. Für Monika Schuh seien dies emotional bewegende Momente gewesen. "Auf die Gedenktafel sind wir als Familie sehr stolz und danken dafür den Motorsporthistorikern", sagt sie. Noch immer sei sie mit dem Motorsport liiert. "Rennbenzin ist wie Parfüm für mich", stellt Monika Schuh klar. Natürlich ist auch Laudator Amelang von dem PS-starken Virus infiziert. Er steuert eine Norton Manx 500 über den Kurs. "Mehr und mehr sind die klassischen Motorradveranstaltungen im Kommen, besonders in Italien und Spanien", schildert Amelang. Und warum ist das so? "In erster Linie ist es der Lärm der Motoren und die Erinnerungen. Mittlerweile sind die Maschinen zu Kulturgut geworden", begründet Amelang. Genau das haben die Motorsporthistoriker aus der Kreisstadt erkannt.

"Der Samstag war vom Besucherzuspruch überwältigend", schwärmt der Vorsitzende Werner Klär. Beim Teilnehmerfeld bei den Präsentationsfahrten sei man an die Grenzen gegangen. "Mehr als 250 Starter in den verschiedenen Klassen geht nicht.Wir hatten noch eine ellenlange Warteliste", teilt Klär mit. Am gestrigen Abend ist nach der "Winke-Fahrt" die nostalgische Motorrad-Träumerei für die Piloten und Zuschauer wieder vorbei, denn wie nölt Bob Dylan gleich "The times they are a-changing".

 Beim Gedächtnislauf für Egon Schons waren auch Zweiergespanne am Start.Fotos: B & K Bonenberger & Klos

Beim Gedächtnislauf für Egon Schons waren auch Zweiergespanne am Start.Fotos: B & K Bonenberger & Klos

 Enthüllung der August-Balthasar-Gedenktafel in der Brühlstraße.

Enthüllung der August-Balthasar-Gedenktafel in der Brühlstraße.

Zum Thema:

Auf einen BlickZur vierten St. Wendeler Motorsport-Klassik gehörte neben der Stadtrundfahrt, auch die Rundfahrt für Menschen mit Handicap in Kooperation mit der Lebenshilfe, an deren Durchführung sich 60-Gespannfahrer aus dem ganzen Saarland beteiligten. Neben den Präsentationsfahrten auf dem Rundkurs wurde im Wendelinuspark ein Programm mit Ausstellungen von Motorrad-, Auto- und Traktor-Oldies, sowie Ausfahrten mit Oldtimern durchs St. Wendeler Land geboten. frf

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