Kein Platz mehr für Dennis und Paul

Lebach · Zwei Integrationskinder im Steinbacher Kindergarten dürfen ab September die Einrichtung nicht mehr besuchen. Seitens des Kultusministeriums wurde den Eltern mitgeteilt, dass der Vertrag auslaufe.

Lebach. Yvonne Böttcher aus Neuforweiler versteht die Welt nicht mehr. Ihr Sohn Dennis besucht seit Oktober 2009 die Integrationsgruppe im Steinbacher Kindergarten. Er ist stark hörgeschädigt, spricht gerade mal Sätze mit zwei, drei Wörtern, erklärt sie. Nun soll er zusammen mit einem weiteren Integrationskind Ende des Monats wieder in Lebach oder in einem Regelkindergarten betreut werden. So will es jedenfalls das Bildungsministerium.Vor neun Jahren wurde auf Initiative der Ruth-Schaumann-Schule in Lebach (Staatliche Förderschule für Gehörlose und Schwerhörige) im Kindergarten Steinbach eine integrative Kindergartengruppe ins Leben gerufen. Das damals deutschlandweit erste Projekt dieser Art habe sich in den Jahren mehr als bewährt, betont Klaus Reichert von der Stadt Lebach, die Träger des Kindergartens ist. In der integrativen Gruppe werden zehn Regelkinder und maximal fünf Kinder mit Behinderung betreut. Zurzeit besuchen zwei Kinder der Ruth-Schaumann-Schule die Gruppe. Deren Eltern wurde vom Kultusministerium mitgeteilt, dass das Projekt zum 31. August auslaufe, daher seien die drei freien Plätze auch nicht mehr belegt worden. Die Kinder kommen aus Neuforweiler und Bliesen.

"Dennis wird das nicht verstehen", ist sich seine Mutter sicher. In Steinbach habe der Sechsjährige mächtige Fortschritte gemacht. Die etwa 45-minütige Fahrt mit dem Bus mache ihm nichts aus. "Er liebt Busfahren." Und auf dem Nachhauseweg mache er meistens ein Nickerchen. Ähnlich sieht es Silke Kreuz aus Bliesen. Ihr Sohn Paul ist das zweite Kind, das wechseln soll. Paul ist erst seit April in Steinbach. Der Vertrag laufe auf unbefristete Zeit. Auch Familie Kreuz wurde nur mündlich vom Ministerium informiert.

Schulleiterin Gabriele Ebert sieht sich ebenfalls vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie kann den Eltern die separate Betreuung ihrer Kinder anbieten oder eine Förderung in Regelkindergärten.

Den Eltern beider Kinder wurde unter anderem aufgrund der im Vergleich zur Betreuung unverhältnismäßig langen Fahrzeit die Betreuung im Schulkindergarten der Ruth-Schaumann-Schule vorgeschlagen. Die sonderpädagogische Förderung könne somit sichergestellt werden, hieß es gestern in einer Stellungnahme des Bildungsministeriums.

Wohl des Kindes ist wichtig

Von SZ-RedakteurinMonika Kühn

Warum etwas beenden, wenn es gut läuft? Das fragen sich bestimmt nicht nur die betroffenen Eltern. Sicherlich, vieles muss irgendwann einmal auf den Prüfstand, aber doch nicht innerhalb von ein paar Wochen. Ich frage mich, warum gab das Ministerium den Eltern aus Bliesen im April einen Vertrag auf unbefristete Laufzeit, wenn ab September alles anders sein soll? Das Wohl des Kindes muss doch an erster Stelle stehen. Ob im Regelkindergarten oder in einer inte-grativen Gruppe, wo die Kinder am besten aufgehoben sind, muss individuell entschieden werden. Dass der Steinbacher Kindergarten für Dennis und Paul der richtige Platz ist, beweisen die Fortschritte, die beide - wie ihre Eltern versichern - gemacht haben. Müssen Strukturen geändert werden, dann darf es aber nicht so sein, dass im August informiert wird, dass sich im September alles ändert.

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