Polizei will "nur" 300 Stellen streichenSicherheitsbedürfnis hat Priorität

Schwalbach. Sicherheit war vergangene Woche das einzige Thema im Schwalbacher Gemeinderat. Dort erläuterten vier Vertreter der vom Innenministerium eingesetzten Arbeitsgruppe "Polizeireform 2020" Pläne zur Umstrukturierung im Saarland

Schwalbach. Sicherheit war vergangene Woche das einzige Thema im Schwalbacher Gemeinderat. Dort erläuterten vier Vertreter der vom Innenministerium eingesetzten Arbeitsgruppe "Polizeireform 2020" Pläne zur Umstrukturierung im Saarland. Die Reform laufe "ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der dramatischen Haushaltslage des Saarlandes", sagte Hugo Müller, Vorsitzender der saarländischen Polizeigewerkschaft. Denn ab 2021 darf es laut Schuldenbremse keine Neuverschuldung mehr geben. Deshalb seien alleine bei der Polizei in den nächsten zehn Jahren rund 35 Millionen Euro einzusparen. Das stellte das Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers, PwC, in einer Studie fest (die SZ berichtete).Im September/Oktober 2011 will das Innenministerium über den künftigen Polizeikurs entscheiden. Ab Januar 2012 soll die Reform umgesetzt werden. Und die führt letztlich zu weniger Beamten. 650 bis 700 Stellen weniger, wenn es nach den Vorschlägen von PwC ginge. Etwa 300 weniger nach den Reformplänen der Arbeitsgruppe "2020". "Wir müssen versuchen, mit weniger Personal als bisher auszukommen", sagte Müller. Das könne mit einer strafferen Organisation erreicht werden und mit besserer Koordination. Zusätzlich komme es zu einer Aufstockung der Bereitschaftspolizei von derzeit 110 Beamten auf dann 150. Damit werde der Einsatz in der Fläche gestärkt. Schwalbach hat keine eigene Polizeiinspektion. Die Gemeinde wird von Bous aus mit abgedeckt. Dort sei die Personallage heute schon "defizitär", so Müller. Höchstens zwei Funkstreifenwagen könnten besetzt werden, zeitweise auch nur einer. Der Dienst rund um die Uhr werde dort auf Dauer nicht mehr möglich sein. Dabei gehe es jedoch nur um die eher ruhigen Zeiten zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens. Die könnten bei guter Vorausplanung von umliegenden Polizeiinspektionen mit abgedeckt werden, meinte Müller. Wie hat der Rat die Pläne zur Polizeireform aufgefasst?

Neumeyer: Der Gemeinderat hat die Vorschläge der Arbeitsgemeinschaft mit Interesse zur Kenntnis genommen. In den vielen Fragen, die aus der Mitte des Rates gestellt wurden, verblieb zunächst ein skeptischer Unterton, insbesondere hinsichtlich des Sicherheitsbedürfnisses der Bürgerinnen und Bürger. Die anwesenden Polizeivertreter konnten dies nach meiner Einschätzung jedoch weitgehend ausräumen.

Wie stehen Sie als Verwaltungschef zur Reform?

Neumeyer: Es bleibt festzuhalten, dass bei der Umsetzung der Reform dem Ergebnis der AG der Polizei Priorität eingeräumt wird. Das PWC-Gutachten hätte im Hinblick auf die Polizeipräsenz negative Auswirkungen.

Die vorgesehenen logistisch-organisatorischen Maßnahmen haben mich überzeugt, auch weil sie in der modernen Führungs- und Lagezentrale in Saarbrücken landesweit zentral zusammenlaufen. Insbesondere aber deshalb, weil in der Arbeitsgemeinschaft die Spezialisten der Vollzugspolizei selbst an einer Optimierung ihrer Strukturen gearbeitet haben, sich also quasi selbst überprüft haben. Niemand kennt die Stärken und Schwächen einer Organisation besser als diejenigen, die in ihr täglich arbeiten.

Wichtig wird aber auch sein, die Verwaltungsreform der Polizei aufmerksam und objektiv zu begleiten sowie die neue Polizeiorganisation spätestens ab 2016/17 zu evaluieren.

Was bedeutet es für Schwalbach, wenn die Polizeiinspektion Bous nachts nicht mehr besetzt ist?

Neumeyer: Das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung muss oberste Priorität haben. Dies war auch in der Diskussion im Schwalbacher Gemeinderat einvernehmliche Meinung. Vor dem Hintergrund, dass die PI Bous künftig wahrscheinlich nicht in jeder Nacht besetzt sein wird, muss dem subjektiven Empfinden der Bevölkerung Rechnung getragen werden, dass die Polizei auch dann da ist, wenn sie gebraucht wird. "Wir müssen versuchen, mit weniger Personal auszu-

kommen."

Hugo Müller

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