Landgericht Saarbrücken Urteil im Missbrauchsprozess gegen Ex-Pfarrer von Freisen gefallen

Update · Im Prozess gegen den ehemaligen Pfarrer von Freisen wegen sexueller Nötigung ist am Donnerstag das Urteil gefallen.

Missbrauchsprozess gegen Ex-Pfarrer von Freisen – Bilder aus dem Gerichtssaal
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Foto: BeckerBredel

Das Landgericht Saarbrücken hat den ehemaligen Pfarrer von Freisen am Donnerstagnachmittag zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. Zudem muss der verurteilte Pfarrer 2500 Euro an die Saarbrücker Fachberatungsstelle zu sexualisierter Gewalt „Nele“ zahlen. Das Gericht sah es als erwiesen an, das Pfarrer Otmar M. (69) im Jahr 1997 einen damals 14 Jahre alten Messdiener sexuell genötigt haben soll. Der Angeklagte hatte die Tat bis zuletzt bestritten.

Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Die Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung fanden vor dem Urteil unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil auch Zeugen, mutmaßliche Missbrauchsopfer in andern Fällen, zum Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte im Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt hatten. Laut Prozessbeteiligten hatte die Staatsanwaltschaft zweieinhalb Jahre Haft für den angeklagten Pfarrer gefordert. Der Verteidiger forderte Freispruch für Otmar M..

Dem folgte das Gericht am Ende nicht. Die Aussage des damaligen Missbrauchsopfers und Nebenklägers im Prozess seien „nachvollziehbar, überzeugend und in jeder Hinsicht schlüssig“, so der vorsitzende Richter Thomas Emanuel in der Urteilsbegründung. Das Missbrauchsopfer habe die Tat sehr detailliert und erlebnisbasiert beschrieben. Es gebe keine Hinweise auf eine bewusste oder unbewusste Falschaussage, so der Richter. Nichts deute auf ein „Rache- oder Falschbelastungsmotiv“ hin. Zudem passe die Tat in das vor und nach dem Geschehen festgestellte Verhalten des Priesters gegenüber anderen Kindern.

Der damals 14-Jährige Betroffene habe zu dem Pfarrer ein „enges, vertrauensvolles Verhältnis“ gehabt. Am Tatabend habe der Angeklagte mit dem Messdiener Alkohol getrunken und diesen dann mit Gewalt auf ein Bett gedrückt, sexuell berührt und seine Bitte, aufzuhören, missachtet. Schließlich sei es dem Jungen gelungen, ins Badezimmer zu fliehen. Der Betroffene leide bis heute durch die Tat an einer Posttraumatischen Belastungsstörung.

Auch die Aussagen anderer mutmaßlicher Opfer, die Otmar M. sexuellen Missbrauch vorwerfen und im Prozess gegen den Pfarrer von Freisen ausgesagt hatten, bezeichnete der Richter allesamt als ebenfalls glaubhaft.

Die Verteidigung des angeklagten Pfarrers hatte zuvor die Plausibilität mehrerer Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen. Auch dem folgte das Gericht nicht. Auch ein vermeintliches Alibi für den Tatzeitpunkt, das dem Angeklagten am Mittwoch zwei Entlastungszeugen gegeben hatten, ordnete der Richter wegen Erinnerungslücken als nicht wirksam ein.

Bei der Urteilsverkündung stand auch der Tatvorwurf des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen im Raum. Dieser sei aber schon verjährt, so der Richter.

Die Strafe gegen Pfarrer M. wurde zur Bewährung ausgesetzt. Für Otmar M. sprach, dass gegen ihn in keine weiteren Straftaten vorlagen. Mit Ausnahme einer Falschbeschuldigung eines Polizeibeamten bei der Aussage des Pfarrers im Prozess, wie Richter Emanuel hervorhob.

Das Verfahren geht zurück auf eine Strafanzeige des Bistums Trier, nachdem der Geschädigte 2021 Angaben gegenüber dem erzbischöflichen Offizialat Köln, dem Kirchengericht, gemacht hatte. Gegen den Mann liegen seit Jahren mehrere Vorwürfe wegen sexualisierter Gewalt von unterschiedlichen Betroffenen vor. In dem Prozess hatten rund 20 Zeugen ausgesagt, darunter fünf weitere mutmaßliche Betroffene.

Der Fall schlägt seit Jahren auch in der Kirche Wellen. Seit 2018 befasst sich das Kirchengericht Köln mit Vorwürfen gegen den Mann. Das Verfahren soll kurz vor dem Abschluss stehen. Im kirchlichen Strafverfahren droht dem Beschuldigten schlimmstenfalls eine Entlassung aus dem Priesterstand – die mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden wäre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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