Markenrechte gehören der CDU-Fraktionschefin „Schule 4.0“ sorgt für Eklat im Zweibrücker Stadtrat

Zweibrücken · Die SPD fragte nach finanziellen Folgen für die Stadt, weil sich CDU-Fraktionschefin Christina Rauch Markenrechte an dem Begriff hat eintragen lassen. Rauch kritisiert diese Frage als „verschlagen“: Sie habe die Markenrechte bloß auf Wunsch des damaligen Oberbürgermeisters Kurt Pirmann (SPD) gesichert und verdiene daran keinen Cent.

 Alle Ratsfraktionen wollen die Zweibrücker Schulen digitalisieren. Trotzdem stritten gestern SPD und CDU

Alle Ratsfraktionen wollen die Zweibrücker Schulen digitalisieren. Trotzdem stritten gestern SPD und CDU

Foto: dpa/Arne Dedert

Die Zweibrücker CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Christina Rauch hat sich beim Deutschen Patent- und Markenamt die Rechte an der Marke „Schule 4.0“ sichern lassen. Das wurde gestern Abend in der Stadtratssitzung öffentlich bekannt.

Anlass war der Antrag der CDU-Fraktion zur „Einrichtung einer Steuerungsgruppe ,Schule 4.0’ zur Umsetzung der Digitalisierungsoffensive“ an den Zweibrücker Schulen (wir berichteten). SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin sagte, „dass Schule 4.0 eine eingetragene Marke ist“ und fragte, ob die Stadtverwaltung geprüft habe, welche rechtlichen oder finanziellen Folgen es haben könne, dass hierbei ein Ratsmitglied involviert sei. Moulin ging davon aus, „dass sicher eine Absicht mit der Marken-Eintragung verknüpft ist, sonst würde ja kein Geld dafür ausgegeben“.

Dass Moulin mit seiner Anfrage auf Christina Rauch abzielte, machte Bürgermeister Christian Gauf (CDU) deutlich, indem er ankündigte, Rauch werde dazu noch etwas sagen. Zuvor berichtete Gauf, die von Moulin vorgetragenen Bedenken seien bereits durch einen Zweibrücker Rechtsanwalt geprüft. Ergebnis, so Gauf: „Die Annahme ist unzutreffend, dass der Name von Zweibrücker Schulen nicht verwendet werden dürfte, weil diese Markenrechte eingetragen sind.“ Er selbst könne aber „auch sehr gut damit leben, wenn wir einen anderen Namen verwenden“.

Walter Rimbrecht (SPD) sagte: „Es hat mich schon überrascht jetzt, warum man die Marke beantragt und Geld ausgibt, wenn die Marke dann doch jeder benutzen kann.“FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser kritisierte die SPD: „Die Schärfe Frau Rauch gegenüber finde ich im Moment nicht besonders angepasst.“

Rauch bestätigte, dass sie „Schule 4.0“ als Marke schützen ließ. „Ich habe daran aber keinen Cent verdient und werde daran auch keinen Cent verdienen“, betonte Rauch. Im Bildungsbereich sei der Begriff frei verwendbar und werde auch überregional oft verwendet. Rauch sagte, sie habe das Markenrecht nicht einmal aus eigenem Antrieb beantragt: Im Rahmen des Stadt-Umland-Konzepts hätten der (mittlerweile verstorbene) Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD) und ein Repräsentant des Beratungsbüros, welches das Stadt-Umland-Konzept betreute, in der Schul-Projektgruppe angeregt, die Markenrechte zu prüfen und zu sichern. Dass die SPD „erst hintenrum und dann hier offen“ suggeriere, sie wolle sich mit „Schule 4.0“ persönlich bereichern, sei „schon verschlagen“, die „Unterstellung hat schon einen Beigeschmack“, warf Rauch der SPD Wahlkampf-Motive vor. „Wenn Kurt Pirmann noch hier säße, er würde mit der Faust auf den Tisch hauen!“, rief Rauch. Sie engagiere sich seit 2014 für die Digitalisierung von Schulen – dieses ehrenamtliche Engagement könne man ihr doch nicht zum Vorwurf machen.

Moulin entgegnete, er habe weder Rauchs Name genannt noch sie kritisiert: „Es ist aber schon Aufgabe eines Stadtrats, zu fragen, damit keine finanziellen Verpflichtungen drohen.“ Es sei gut, dass dies „jetzt ja aufgeklärt ist“.

Der Stadtrat verwies den CDU-Antrag am Ende der Debatte zur weiteren Beratung in den Schulträgerausschuss, nur Rimbrecht stimmte dagegen. Dort soll auch weiter debattiert werden, ob wie von der CDU zunächst beantragt eine „Steuerungsgruppe“ gegründet wird, oder dies als „Arbeitskreis“ des Ausschusses bezeichnet wird – mit „Steuerungsgruppe“ hat vor allem die SPD ein Problem, weil das so klinge, als wolle die Kommunalpolitik in die gesetzlich geschützte pädagogische Hohheit der Schulen eingreifen. Dies sei natürlich nie beabsichtigt gewesen, sagte Rauch. Einig waren sich alle, alles zu tun, damit möglichst zügig die Bundesmittel aus dem Digitalpakt in den Zweibrücker Schulen ankommen.

Nach der Ratssitzung sprach der Merkur mit Rauch über die Markenrechte an „Schule 4.0“. Wie auf der Internetseite des Deutschen Patent- und Markenamts öffentlich einsehbar ist, hat Rauch gemeinsam mit einem Mann aus Pirmasens den Markenschutz am 23. Februar 2017 im Bereich Dienstleistungen beantragt, veröffentlicht wurde die Markenschutz-Bewilligung am 19. Januar 2018. Bei dem Mann handelt es sich um Rauchs Lebensgefährten. Dies spiele in diesem Zusammenhang aber keinerlei Rolle, betonte Rauch. Dass sie beide die Markenrechte beantragt hätten, liege daran, dass sie beide in der von der Stadt einberufenen Schul-Projektgruppe der Stadt-Umland-Strategie gesessen hätten. Warum nicht die Stadt selbst die Markenrechte gesichert hat, wisse sie nicht: „Das müssten Sie die Stadt fragen.“ Sie finde es aber „überhaupt nicht zu rechtfertigen“, wenn sie nun ausgerechnet von der SPD angegangen werde, wo sie doch nur einen Wunsch des damaligen SPD-Oberbürgermeisters erfüllt habe: „Von allein wäre ich nie auf die Idee gekommen, die Markenrechte zu beantragen.“ Weil die Marke für den Bildungsbereich laut einer Anfrage bei der Behörde nicht schützbar gewesen war, habe sie halt die Markenklasse „Handels- und Industrieunternehmen“ gewählt. Hinter dem Markenschutz hätten nie eigene Absichten gesteckt, sondern nur das Interesse der Stadt.

Die Lehrerin bestätigte auch Merkur-Informationen, dass sie die Internetseite www.schule4punkt0.de (derzeit wegen „Wartungsarbeiten“ ohne Inhalt) betreibt. Rauch: „Dort waren allgemeine Informationen für die Digitalisierung von Schulen drauf.“ Sie habe die Seite „letztes Jahr wegen der neuen Datenschutzregeln vom Netz genommen“.

Rauch mailte dem Merkur am späten Abend noch eine Stellungnahme eines Zweibrücker Rechtsanwalts an Sie persönlich (derselbe, den Gauf im Stadtrat erwähnt hatte). Darin kommt der Anwalt zu dem Schluss: „Eine Behauptung, wonach Schulen allgemein, insbesondere aber Schulen in Zweibrücken den Begriff ,Schule 4.0’ im Hinblick auf die unter anderem zu Ihren Gunsten eingetragene Wortmarke gleichen Inhaltes, beschränkt auf die Klasse 35, nicht verwenden dürften, ist deshalb offenkundig unzutreffend und rechtlich in keiner Weise haltbar.“ Der 35er-Markenschutz beschränke sich im Wesentlichen auf „die Bereiche Werbung, Marketing und Beratungstätigkeiten im Bereich kaufmännischer Dienstleistungen“. Ansonsten, insbesondere von Schulen, dürfe „Schule 4.0“ von „jedermann frei verwendet werden“.

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