Merkel kämpft für Seehofers maue Maut-Pläne

Berlin · Die Kanzlerin muss sich für die Maut starkmachen, obwohl sie die umstrittene Abgabe nie wollte. CSU-Chef Seehofer droht mit Koalitionsbruch – der eigenen Union. Die SPD schweigt und genießt.

Die Kanzlerin sitzt schon lange nicht mehr selbst am Steuer. Die höchste Frau im Staat wird chauffiert in einer großen Limousine. Ohne Fahrpraxis und bei dem heutigen Verkehr "traue ich es mich nur noch auf Waldwegen", hatte Angela Merkel im Wahlkampf eingeräumt. Die wohl einzigen Strecken, die CSU-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt von der Pkw-Maut verschonen wird. Eine höchst umstrittene Abgabe, die Merkel nie wollte - und wohl trotzdem umsetzen wird.

Denn CSU-Chef Horst Seehofer hat die Vignette von Anfang an zur Bedingung für die Koalition gemacht und droht jetzt gar mit ihrem Bruch, wenn das Vorhaben scheitert. An solche Drohungen ist die CDU-Vorsitzende zwar gewöhnt. Aber diesmal ist die Sache etwas kniffliger. Denn Seehofers Rufe via "Welt am Sonntag " richten sich in erster Linie an die Union. In deren Reihen wird das Projekt mehr infrage gestellt als beim Koalitionspartner. Die SPD hat bereits Vertragstreue versichert - und genießt den Unions-Zoff.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber mahnte schon an die Adresse der Union, alle seien gut beraten, zu der Vereinbarung zu stehen. Es wäre ein Novum, würde das Scheitern einer Koalition wegen des internen Streits eines Partners drohen. Angela Merkel hat sich erst vor kurzem klar positioniert - für die Maut . Als sie vor ihrem Urlaub Bilanz zog und sich angesichts der jetzigen Pläne für eine Infrastrukturabgabe - die für alle Straßen gelten und bei Inländern mit der Kfz-Steuer verrechnet werden soll - erklären sollte, sagte sie: "Von mir stammt der Satz, dass es keine Pkw-Maut geben wird, die Kraftfahrzeuge mehr belastet, also ich habe deutlich gemacht: Kein Kraftfahrzeughalter darf mehr belastet werden, und es muss europarechtskonform sein. Und wenn das beides geht, dann sind die Pläne des Bundesverkehrsministers voll auf der Koalitionslinie."

Union jetzt am Zug



Nach dem Aufschlag der SPD mit Mindestlohn und Rente ab 63 ist jetzt die Union mit ihren Themen am Zug. Dass das ausgerechnet eine europarechtlich komplizierte, auf Ausländer zielende und Inländer verunsichernde Abgabe ist, über die auch noch bei CDU und CSU mehr gestritten wird als mit dem Koalitionspartner, dürfte Merkel nicht recht sein. Nur: Setzt sie sich nicht dafür ein, würde sie gegen den von ihr ausgehandelten Koalitionsvertrag verstoßen.

Vieles perlt an Merkel aber bekanntlich ab. Und gemessen an den Umfragen, auch an den Wählern. Obwohl die SPD monatelang die Themen setzte, kann sie daraus kein Kapital schlagen. Sie verharrt bei Umfragen auf ihrem Niveau bei der Bundestagswahl von 25,7 Prozent - und die Union bei ihren starken 41,5 Prozent. Dennoch macht sich in der CDU Unruhe breit. Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 müsse man dringend Themen entwickeln, die die Menschen nachhaltig positiv mit ihr besetzten. Etwa durch den Abbau der Kalten Progression, damit Arbeitnehmern mehr Geld von Gehaltssteigerungen bleibt. Das hatte Merkel jüngst mit Blick auf die knappe Haushaltslage aber abgelehnt. Dabei ist das seit Jahren bereits ein Anliegen der CDU . Die Maut eher nicht.

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