Gazprom greift nach Europa

Brüssel. Es ist Europas Alptraum: Bittere Kälte draußen und aus den Gas-Pipelines kommt nur heiße Luft. Gestern wurde diese Situation wahr: Russland stellte zwar nicht die Versorgung der EU-Länder, wohl aber die Lieferungen durch die Pipeline via Ukraine ein

 Das Logo des russischen Gaskonzerns Gazprom. Foto: dpa

Das Logo des russischen Gaskonzerns Gazprom. Foto: dpa

Brüssel. Es ist Europas Alptraum: Bittere Kälte draußen und aus den Gas-Pipelines kommt nur heiße Luft. Gestern wurde diese Situation wahr: Russland stellte zwar nicht die Versorgung der EU-Länder, wohl aber die Lieferungen durch die Pipeline via Ukraine ein. In Brüssel signalisierte man daraufhin schnellstmöglich einen Meinungsumschwung und bot Moskau an, die verlangten unabhängigen Beobachter zu entsenden, um die Vorwürfe des Kreml gegen Kiew vor Ort zu prüfen. Morgen wollen die Mitgliedstaaten auf einer Krisensitzung beraten, welche Konsequenzen sie aus der Krise ziehen können. Das Ergebnis steht schon vorher fest: Zum russischen Gas gibt es keine Alternative. "Gazprom ist mit seiner Strategie der Einkreisung der Europäer fast am Ziel", beschreibt der CDU-Europa-Abgeordnete Elmar Brok die Situation.

Tatsächlich gibt es, so ist man in Brüssel sicher, zur Abhängigkeit von russischen Rohstoffen nämlich keine ernst zu nehmende Variante. Zwar werde derzeit viel über alternative Pipeline-Routen geredet. Die aber liegen zum Teil seit Jahren auf dem Tisch, ohne dass bisher auch nur ein Meter Rohr verlegt wurde. Das betrifft sowohl die so genannte Nabucco-Pipeline, die die Ukraine regelrecht umrundet und dann via Türkei und Balkan nach Europa führen soll, als auch für das Projekt in der Ostsee - eine direkte Leitung Ob sich daran in absehbarer Zeit und vor dem Hintergrund der Finanzkrise etwas ändert, gilt als fraglich. Doch Europa läuft die Zeit davon. Bis 2020 dürfte sich der Bedarf an Erdgas nach Angaben von Experten wie Werner Zittel von der deutschen Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH um mindestens ein Drittel erhöhen. Angesichts schwindender eigener Vorräte suchte man nach alternativen Lieferanten. Doch überall, wo man sonst noch hinkam, waren die Gazprom-Leute schon gewesen. Erst im Dezember hatte Gazprom-Chef Alexej Miller dem libyschen Staatschef Muammar el Gaddafi die kompletten Öl- und Gasvorräte (inklusive aller noch nicht geforderten Vorräte unter der Erde) abgekauft. Im subpolaren Stockmann-Feld bohren die Russen (zusammen mit den USA) ebenfalls bereits die 3,2 Trillionen Kubikmeter Erdgas-Lager an, "Gazprom verfolgt den Plan, gegenüber Europa zum Monopolgasversorger zu werden", sagt Jacek Saryusz-Wolski, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament.

Im Ergebnis könnte Russland Europa jeden Gas-Preis diktieren. In Brüssel wird bereits von 1000 Euro je 1000 Kubikmetern geunkt, derzeit sind es knapp 400 Euro- mit sinkender Tendenz, da auch der Ölpreis im Keller ist. Genau das gilt Experten in der Kommission als wichtigster Grund für das Vorgehen Moskaus, das durch den sinkenden Rohöl-Preis viele Milliarden verloren hat. Beim Gas könnte man alles wieder hereinholen. Auf Kosten Europas.

 Das Logo des russischen Gaskonzerns Gazprom. Foto: dpa

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