"Entscheidung aus nationaler Verantwortung"

Brüssel. Um 15.14 Uhr war Griechenland gerettet. Aktien- und Devisenmärkte kamen in Schwung. Der Euro hatte in Erwartung einer positiven Entscheidung zum Sparpaket Athens bereits zuvor auf 1,44 Dollar zugelegt (gab aber später wieder auf 1,43 nach)

 EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßt die Entscheidung aus Athen. Foto: dpa

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßt die Entscheidung aus Athen. Foto: dpa

Brüssel. Um 15.14 Uhr war Griechenland gerettet. Aktien- und Devisenmärkte kamen in Schwung. Der Euro hatte in Erwartung einer positiven Entscheidung zum Sparpaket Athens bereits zuvor auf 1,44 Dollar zugelegt (gab aber später wieder auf 1,43 nach). "Das war eine Entscheidung aus nationaler Verantwortung, mit der Griechenland einen wichtigen Schritt zur finanziellen Konsolidierung getan hat", erklärten Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy in Brüssel. Diese Entschlossenheit sollten die Parlamentarier heute nochmal zeigen, wenn es um die Ausführungsgesetze des Sparpaketes geht.Dennoch dürfte seit gestern klar sein: Am kommenden Sonntag werden die Euro-Finanzminister auf einer Sondersitzung den nächsten Scheck über zwölf Milliarden Euro anweisen, damit Athen seine Verbindlichkeiten Anfang Juli bedienen kann. Und auch die Vorarbeiten zum zweiten Rettungspaket über rund 120 Milliarden Euro können beginnen. Die Griechen selbst werden dafür teuer bezahlen: Durch Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen sollen bis 2015 rund 28,5 Milliarden Euro eingespart werden. Weitere 50 Milliarden Euro soll der Verkauf von Staatsbezitz einbringen. Ob das reicht, ist ungewiss.

Nach Angaben aus Bankenkreisen muss Athen bis 2014 rund 85,5 Milliarden Euro an Krediten zurückzahlen. Oder auch nicht. Denn der historische Tag in Athen hat offenbar noch weitaus mehr bewegt, als zunächst vermutet. Schon bevor die 300 hellenischen Abgeordneten ihr Votum abgaben, überraschte der französische Bankenverband mit der Ankündigung, dass die Geldinstitute durchaus bereit wären, ihre Forderungen an Athen zu stunden. Die Rückzahlung von bis zu 30 Milliarden Euro könne man auf bis zu 30 Jahre strecken, hieß es. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann signalisierte ebenfalls, dass man sich "in intensiven Gesprächen" befinde, die jedoch noch dauern könnten. "Aber wir wollen alle verhindern, dass die Weltwirtschaft noch einmal wie 2008 an den Rand des Kollapses gerät", sagte Ackermann.

Positive Nachrichten gab es auch aus Brüssel: Dort arbeitet die Kommission offenbar an einem "echten" Marshallplan, der einen erleichterten Zugriff auf die rund 15 Milliarden Euro sicherstellen soll, die Athen noch bis 2013 aus dem Regionalfonds zustehen. Außerdem könne man etwa zehn Milliarden aus der nächsten Finanzperiode vorziehen. "Wir müssen etwas für die Wirtschaft tun", hieß es im Umfeld der Kommission. Deren Chancen gelten nämlich - allen Unkenrufen zum Trotz - als keineswegs schlecht: Reedereien, Schiffbau, Transportwesen und Pharma-Wesen - vor allem in diesen Bereichen habe das heruntergewirtschaftete Land "beste Chancen", auf dem globalen Markt mitzuspielen.

"Für unser Land hat heute eine neue Zeitrechnung begonnen", sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou nach dem Ringen um eine Mehrheit für das neue Sparpaket. "Ich verspreche allen Griechen, dass wir den Tiefpunkt erreicht haben und es jetzt bergauf geht."

Hintergrund

 EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßt die Entscheidung aus Athen. Foto: dpa

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßt die Entscheidung aus Athen. Foto: dpa

Um nicht auch in den Sog der europäischen Schuldenkrise zu geraten, plant die italienische Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein milliardenschweres Sparpaket. Nach Medienberichten sollen in den kommenden Jahren 47 Milliarden Euro eingespart werden. Die Details lägen jedoch noch nicht vor, berichten italienische Medien. Heute solle der Plan offiziell vorgestellt werden. dpa

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