Trump in Texas Der kriselnde Manager und die Fluten

Washington/Corpus Christi · Für US-Präsident Trump ist der Tropensturm „Harvey“ die erste große nationale Krise. Deshalb lässt er keine Gelegenheit aus, sich als Macher zu präsentieren.

  Der Präsident hörte zu. Den Kopf leicht schräg gelegt, die Hände vor sich gefaltet, ließ sich Donald Trump gestern in Texas über die verheerenden Folgen von Tropensturm „Harvey“ unterrichten. In einer Feuerwache in der Stadt Corpus Christi saß er umringt von Mitarbeitern der Katastrophenschutzbehörde Fema, dem Roten Kreuz, der Küstenwache. Vor ihm lagen große Schaubilder, in seinem Rücken stand ein Feuerwehrauto. Trump nickte immer wieder leicht, wenn andere sprachen. Er selbst hielt sich auffällig zurück. Keine großen Ausschweifungen, kein Selbstlob.

Der Präsident bemüht in diesen Tagen, in denen „Harvey“ in Texas wütet, das Bild des Krisenmanagers. Es scheint, als wolle er um jeden Preis vermeiden, sich einen ähnlichen Fehler wie George W. Bush zu erlauben. Auf den Jahrhundertsturm „Katrina“ im August 2005 am Golf von Mexiko, der 1800 Menschen in den Tod riss, hatte der Republikaner zu spät reagiert. Bush machte gerade Urlaub, als der Sturm aufs  Land traf. Er reiste nicht sofort in das Katastrophengebiet, sein Image als Krisenmanager war dahin.

 Trump dagegen tritt sehr entschlossen auf. Immer wieder ließ er sich am Wochenende von seinen Mitarbeitern über die Lage informieren. Er telefonierte, er twitterte. Ein ums andere Mal lobte er die Arbeit der Rettungskräfte. Mehrmals wandte er sich an die Menschen in Texas, sprach ihnen Mut zu. Seinen Besuch in Texas hatte er angekündigt, noch bevor der Sturm auf Land traf.

 Von einer Reise in die besonders heftig getroffenen Gegenden sah das Weiße Haus gestern ab - um die Rettungsarbeiten nicht zu behindern. Denn „Harvey“ wütete weitere. Das volle Ausmaß war noch unklar. Mancherorts standen die Häuser bis zum Dach unter Wasser, Straßen glichen Kanälen. Besonders betroffen war die Millionenmetropole Houston, in deren Großraum insgesamt 6,5 Millionen Menschen leben.

 Bilder aus der Stadt zeigten Menschen, die sich durch das hüfthohe Wasser kämpften und Boote zogen. Ein Mann trug zwei kleine Kinder auf den Armen – die Haare nass, die Gesichter verzweifelt. Eine alte Dame wurde von Helfern auf ihrem Rollstuhl durch die Fluten getragen.

 Lamart Clay aus der Stadt Katy erzählte dem Sender CNN gestern  am Telefon, wie er und seine Familie zwölf Stunden lang in ihrem Haus festsaßen. Es sei sehr beängstigend gewesen, sagte er. Er habe gebetet. Es sind Bilder und Geschichten wie diese, die erahnen lassen, wie lange Texas mit den Folgen der Fluten zu kämpfen haben wird. Für Trump ist es die erste große nationale Krise. CNN sprach von einem Test für seine Regierung.

 Die „New York Times“ meinte, das Weiße Haus sei sich über die Risiken bewusst, die ein falscher Umgang mit der Naturkatastrophe in sich berge. Der Präsident wirke dabei regelrecht gefesselt von den Ausmaßen des Sturms. „Harvey“ habe ihm neue Energie verliehen, darauf deuteten seine öffentlichen Äußerungen hin, schrieb die Zeitung. Trump ließ in den vergangenen Tagen keine Gelegenheit aus, den Sturm als „historisch“ zu beschreiben, als „episch“.

Die Wassermassen in Texas, sie bieten dem Präsidenten die Chance, sein miserables Image aufzupolieren. Es ist eine Gelegenheit, sich als zupackender Macher zu präsentieren. Trump hat verheerende Wochen hinter sich. Die Russland-Affäre, das Debakel um „Obamacare“, die Machtkämpfe im Weißen Haus. Seine Umfragewerte bröckeln. Nun beschwört Trump das Gemeinschaftsgefühl der Amerikaner. „Wir leiden gemeinsam, wir ringen gemeinsam, und glaubt mir, wir stehen das gemeinsam durch. Wir sind eine Familie“, erklärte er. „Wir werden gestärkt daraus hervorgehen und glaubt mir, wir werden größer, besser, stärker sein als jemals zuvor.“

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