Bekommt Griechenland die Drachme wieder?

Brüssel. Dramatischer hätte der Auftakt nicht ausfallen können

Brüssel. Dramatischer hätte der Auftakt nicht ausfallen können. Wenige Stunden, bevor Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren griechischen Amtskollegen Giorgios Papandreou gestern in Berlin empfing, schlugen in Brüssel führende europäische Wirtschaftsforscher Alarm: Der so genannte Sachverständigenrat der EU (EEAG) sprach sich offen dafür aus, den Hellenen 2013 den Euro wegzunehmen und die Drachme wieder einzuführen. Die Zahlen, so heißt es in der fast 30-seitigen Studie, stünden "nicht auf Besserung". Zwar habe die Athener Regierung versprochen, nach einem dreijährigen Moratorium ab 2014 "jeden Cent zurückzuzahlen" und damit auch "zügig zu beginnen". Dazu werde es aber nicht kommen können. Innerhalb der nächsten drei Jahre explodiere die Schuldenlast von derzeit 142 Prozent (2010) des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf fast 160 Prozent im Jahr 2013. Die Arbeitslosigkeit klettere im gleichen Zeitraum von zehn auf 15 Prozent. In dieser Situation habe die EU nur die Wahl zwischen einer Fortsetzung der Transferleistungen, die bislang bei 110 Milliarden Euro in drei Jahren liegen. Oder aber man schließe Griechenland aus dem Euro aus und erlaube dem Land die Wiedereinführung der einstigen Drachme. Der erste Schritt ist wegen verfassungsrechtlicher Probleme für Deutschland nicht möglich. Der zweite biete den Hellenen zwar die Möglichkeit der Abwertung, bis man auf dem internationalen Markt wieder konkurrenzfähig sei. Dafür müssten die Schuldner aber auf mindestens ein Drittel ihrer Ausstände verzichten. Betroffen wären auch die deutschen Banken, die mit über 90 Milliarden Euro an den Athener Geldinstituten beteiligt sind.An diesen Gedanken hat man sich in den Führungsetagen offenbar bereits gewöhnt. Thomas Mirow (Foto: dpa), Chef der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, nannte eine Umschuldung jedenfalls schon "unumgänglich". Ein Schuldenerlass von 30 Prozent und mehr sei nötig. "Die Märkte preisen eine Umschuldung seit längerem ein." Bundesbank-Präsident Axel Weber warnte ebenfalls am Montagabend bei einer Veranstaltung in Düsseldorf vor einem langen und steinigen Weg: "Verglichen mit einem Marathonlauf haben die Problemländer vielleicht die ersten zehn oder 15 Kilometer geschafft." Bei dieser Strecke würden die "schmerzhaftesten Passagen aber erst zu einem späteren Zeitpunkt kommen".

Dies betrifft auch zwei weitere Pleite-Kandidaten, um die es in den letzten Wochen zunächst still geworden war. Portugal braucht im April rund 4,3 MilliardenEuro, von denen nicht sicher ist, ob die Regierung diese Summe zu erträglichen Zinsen aufnehmen kann. In Brüssel wird bereits offen spekuliert, ob Lissabon beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs Ende März unter den Rettungsschirm schlüpfen wird. Premierminister José Socrates sieht sich aus den Reihen der Euro-Partner (vor allem Deutschland) massivem Druck ausgesetzt, endlich den Offenbarungseid zu leisten. Und auch Spanien ist nicht aus dem Schneider. Neue Zahlen des Madrider Zentralbank enthüllen, dass die Sparkassen des Landes auf Verbindlichkeiten aus Immobilienkrediten in Höhe von 217 Milliarden Euro sitzen, davon seien bis zu 100 Milliarden als toxische Papiere zu werten.

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