8,50 Euro pro Stunde – in Ost und West

Nach jahrelangem Ringen mit den Gewerkschaften hat die große Koalition im Sommer den Mindestlohn beschlossen. Doch er gilt nicht für alle und vorerst nicht in allen Branchen. Zentrale Fragen und Antworten zum Thema.

Für wen wird der Mindestlohn gelten?

Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer über 18 Jahren - in allen Branchen und Regionen in Ost und West. Damit haben rund 3,7 Millionen Menschen Anspruch auf mehr Geld, auch Minijobber. Sind in einzelnen Branchen Vereinbarungen getroffen worden, die unterhalb der 8,50 Euro Mindestlohn liegen, können diese noch bis Ende 2016 fortbestehen.

Wer ist vom Mindestlohn ausgenommen?

Ausgenommen vom Mindestlohn werden unter 18-Jährige ohne Berufsabschluss. Durch die Altersgrenze soll vermieden werden, dass sich junge Leute anstatt eine - in der Regel schlechter bezahlte - Ausbildung zu absolvieren, einen Job suchen. Auch wer nach mindestens zwölfmonatiger Arbeitslosigkeit einen neuen Job bekommt, hat in den ersten sechs Monaten keinen Anspruch auf den Mindestlohn . Damit soll der Anreiz für Arbeitgeber erhöht werden, Erwerbslose einzustellen. Nicht gelten soll der Mindestlohn zudem für Ehrenamtler und Praktikanten, die im Rahmen einer Aus- oder Weiterbildung ein Pflichtpraktikum absolvieren. Auch wer ein freiwilliges Praktikum zur beruflichen Orientierung macht, das nicht länger als drei Monate dauert, hat keinen Anspruch auf Mindestlohn .

Für welche Branchen gibt es besondere Regelungen?

Saisonarbeiter im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Landwirtschaft bekommen den Mindestlohn . Wer weniger als 70 Tage im Jahr arbeitet, ist aber auch mit Mindestlohn nicht sozialversichert, hat keine Renten- und Arbeitslosenversicherung. Bei den Saisonarbeitern in der Landwirtschaft sollen die Arbeitgeber die Kosten für deren Unterkunft und Verpflegung auf den Mindestlohn anrechnen können. Das ist auch bisher schon möglich, soll aber noch unbürokratischer geregelt werden. Für Zeitungsausträger gibt es eine dreijährige Übergangszeit: Ab 1. Januar bekommen sie mindestens 6,38 Euro pro Stunde, ab 2016 mindestens 7,23 Euro , 2017 soll dann der Mindestlohn von 8,50 Euro gelten - auch wenn dann in den anderen Branchen bereits ein höherer Betrag gelten sollte.

Wer kontrolliert die Einhaltung des Mindestlohns?

Die beim Zoll angesiedelte Finanzkontrolle Schwarzarbeit und andere Behörden können in den Unternehmen überprüfen, ob tatsächlich der Mindestlohn gezahlt wird. Die Behörden dürfen dafür auch Arbeitsverträge oder Geschäftsunterlagen einsehen. Dafür soll das Personal der Zollverwaltung binnen drei Jahren um 1600 Mitarbeiter aufgestockt werden. Verstöße gegen den Mindestlohn können unter der Hotline (0 30) 60 28 00 28 gemeldet werden. Arbeitgebern, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen, drohen Sanktionen und eine Geldbuße bis zu 500 000 Euro .

Welche Bedenken gibt es?

Linke und Gewerkschaften fürchten, dass die Arbeitgeber den Mindestlohn vielerorts unterlaufen werden. "Das Problem wird sein, dass der Mindestlohn in vielen Betrieben nicht gezahlt wird, wenn die Leute nicht klagen", sagte Parteichef Bernd Riexinger . "Wir können uns leider nicht darauf verlassen, dass sich alle Unternehmen freiwillig an das Gesetz halten", sagte IG-BAU-Chef Robert Feiger. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) rechnet zum Start mit lückenhaften Kontrollen. Der Finanzkontrolle Schwarzarbeit fehlten die Mitarbeiter, um flächendeckende Kontrollen zu gewährleisten, teilte die GdP mit.

Zum Thema:
Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ) sieht im flächendeckenden Mindestlohn auch einen "Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts in unserem Land". Dumpinglöhne seien als Geschäftsmodell nicht akzeptabel. Der Mindestlohn schaffe mehr Fairness in der Arbeitswelt, und damit mehr Stabilität für den Wirtschaftsstandort. Andere europäische Länder hätten bereits gute Erfahrungen gemacht. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort