Alice Weidel „Ich bin eine Wutbürgerin“

Saarlouis · Die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel schimpft in Saarlouis über die „Rechtsbrüche“ der Bundesregierung.

 Am Samstagabend trat Alice Weidel, Spitzenkandidatin der AfD bei der Bundestagswahl, im Theater am Ring in Saarlouis auf.

Am Samstagabend trat Alice Weidel, Spitzenkandidatin der AfD bei der Bundestagswahl, im Theater am Ring in Saarlouis auf.

Foto: Ruppenthal

Alice Weidel redet sich in Rage. Wörter wie „Unverschämtheit“ oder „Skandal“ fallen des Öfteren. Die zierliche, blonde AfD-Spitzenkandidatin macht bei ihrem Auftritt in Saarlouis kein Hehl aus ihrem Zorn. „Ja, ich bin eine Wutbürgerin, und ich gebe das offen zu!“, ruft sie den 150 Besuchern ihres Wahlkampf-Auftrittes im Saarland entgegen. Viele von ihnen teilen Weidels Zorn offenkundig. Ganz besonders laut wird der Applaus, als die AfD-Politikerin ausführt, was ein deutscher Arbeitsloser auf sich nehmen muss, um Hartz IV zu beziehen. Dann müsse er nachweisen, dass er kein Vermögen besitze. „Flüchtlinge müssen dagegen gar nichts nachweisen, um alimentiert zu werden“, schimpft sie, und das Publikum tobt. Weidel erinnert an den Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri. Der sei ohne Pass nach Deutschland gekommen, habe 13 Identitäten besessen. „Was ist in diesem Land eigentlich los?“

Die gesamte Rede ist geprägt von Attacken auf die Regierenden. Und da Weidel schon einmal im Saarland ist, knöpft sie sich einen von ihnen ganz besonders vor: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). „Ich bin vorhin aus Trier angereist“, sagt sie. Und bei ihrer Fahrt nach Saarlouis habe sie Maas von Plakaten aus angelächelt. Da habe sie gedacht: „Die armen Saarländer, was wird ihnen bloß angetan.“ Verfassungswidrig sei Maas’ Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Betreiber sozialer Netzwerke müssen demnach offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen. Andernfalls drohen Bußgelder. Für Weidel ist das Zensur. Zumal Äußerungen im Netz bereits strafrechtlich geregelt seien. Und ebenso wie die Meinungsfreiheit sei auch die Versammlungsfreiheit gefährdet. Immer wieder würde etwa die Antifa, die laut Weidel „verboten gehört“, Veranstaltungen der AfD stören und damit in Grundrechte eingreifen.

Auch an diesem Abend haben sich vor dem Theater am Ring etwa 30 Gegendemonstranten mit dem Antifa-Symbol auf ihren Bannern formiert. Die Polizei und eine private Sicherheitsfirma sorgen dafür, dass sie das Gebäude nicht betreten. Weidels Auftritt kann völlig ohne Beeinträchtigung über die Bühne gehen.

In ihrer Rede geht es weiter um Rechtsbrüche. Die seien „ein Gründungsthema für die AfD“, führt Weidel aus. So sei im Rahmen der Euro-Rettungspolitik gegen geltendes Recht verstoßen worden. Im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sei klar geregelt, dass weder die EU noch ihre Mitgliedsstaaten für Schulden einzelner Mitglieder haften. Dagegen habe man mit den Rettungspaketen für Griechenland verstoßen. Dazu hätte Weidel gerne das Volk befragt. Denn: „Wir haben keine parlamentarische Kontrolle mehr“, meint sie. Die Abgeordneten im Bundestag würden einfach alles durchwinken.

Leib-und-Magen-Thema der AfD ist aber auch an diesem Abend die Flüchtlingspolitik. Schon Weidels Vorredner, der saarländische Spitzenkandidat Christian Wirth, wirft Kanzlerin Angela Merkel einen Bruch ihres Amtseides vor. Sie habe 2015 die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet, was ein „Schildbürgerstreich ohne Beispiel“ gewesen sei. Nun dürften 400 000 Syrer ihren Nachwuchs nach Deutschland holen, während zugleich 600 000 „in ein fast befriedetes“ Syrien zurückkehrten.

Wie Wirth sieht auch die AfD-Spitzenkandidatin eine Zunahme von Straftaten durch diese laut Weidel „erbärmliche Willkommenskultur“. Wegen der fehlenden Kontrollen wisse niemand, was die Neuankömmlinge in Deutschland vorhätten. „Die innere Sicherheit steht auf dem Kopf.“ Sie zückt auf dem Podium ihr Smartphone und gibt die Begriffe „Mann“ und „Messer“ ein. Dann zählt sie mehrere Meldungen über Messerangriffe auf. Die Herkunft der Täter ließen die Medien natürlich meist weg, schimpft Weidel. Dennoch ist die Botschaft klar: Durch die Flüchtlinge ist das Land unsicherer geworden. Das belege auch die polizeiliche Kriminalstatistik, behauptet Weidel. So hätten Asylbewerber im vergangenen Jahr einen doppelt so hohen Anteil an den begangenen Morden gehabt wie im Vorjahr. Wie viele Taten es genau waren, sagt sie nicht.

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