Novelle wird an Bundesrat weitergeleitet Pokern der CDU kann neue Düngeverordnung nicht aufhalten

Berlin · Das Innenministerium hat verhindert, die Reform im Kabinett zu beschließen. Dies ist aber auch nicht nötig. Jetzt sind die Bundesländer an der Reihe.

 Deutschlands Bauern düngen zu viel und belasten damit erheblich das Grundwasser, sagt die EU und fordert strengere Regeln. Vor dem Europäischen Gerichtshof läuft sogar bereits ein Klageverfahren.

Deutschlands Bauern düngen zu viel und belasten damit erheblich das Grundwasser, sagt die EU und fordert strengere Regeln. Vor dem Europäischen Gerichtshof läuft sogar bereits ein Klageverfahren.

Foto: dpa/Uli Deck

Eigentlich sollte die Novelle der Düngeverordnung, die für so viel Unmut in der Bauernschaft sorgt, am Mittwoch im Kabinett behandelt werden. Doch dem Vernehmen nach hat das CSU-geführte Innenministerium sein Veto eingelegt. Speziell in Bayern sind die Verschärfungen unbeliebt. Und im März finden im Freistaat wichtige Kommunalwahlen statt. Allerdings hilft das Manöver der CSU wohl nicht.

Denn eine Kabinettsbefassung der seit Monaten strittigen Novelle ist keine Voraussetzung für eine Verabschiedung der neuen Düngeverordnung im Bundesrat. Mit der Einbindung der Bundesregierung wollte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) lediglich den breiten politischen Rückhalt deutlich machen, den die Anpassungen erfahren. Offenbar sah sich die CSU nicht imstande, das mitzutragen.

Gleichwohl ist der über 60 Seiten lange Entwurf inhaltlich zwischen den Bundesressorts abgestimmt. Die Vorlage wird deshalb jetzt als Ministerverordnung direkt dem Bundesrat zugeleitet werden, wie es aus Regierungskreisen hieß. Eine Entscheidung der Länderkammer in ihrer nächsten Sitzung am 3. April ist damit weiterhin möglich. Die Länder müssen danach innerhalb von drei Monaten die Maßnahmen in Landesverordnungen umsetzen.

Sollten die Änderungen der Düngeverordnung Anfang April nicht beschlossen werden, ist wahrscheinlich, dass es zu einer Verurteilung Deutschlands im Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) kommt. Im Raum stehen Zwangsgelder von bis zu 800 000 Euro. Und das pro Tag. Innerhalb der Regierung beurteilt man die Aussichten eher positiv, dass Brüssel die Anpassungen der Düngeverordnung akzeptieren wird. Man sei den europäischen Forderungen nach Verschärfungen vor allem im Hinblick auf die Ausweisung der besonders nitrat- und phosphatbelasteten „roten Gebiete“ klar nachgekommen, hieß es.

Nach der Novelle können künftig Areale mit schlechter Grundwasserqualität noch feiner aufgeteilt werden; parallel dazu werden die Regeln für die dortigen Betriebe strenger. Sie sollen um 20 Prozent weniger Gülle oder Mineraldünger auf ihre Äcker bringen. Es gibt zudem Obergrenzen für Gesamtmengen sowie striktere Vorgaben für die Düngung in Herbst und Winter. Oder entlang von Gewässern – je nach Hangneigung soll der Abstand von Flächen ohne Düngung deutlich erhöht werden. Bei Verstößen gegen die neue Verordnung drohen kostspielige Strafen von bis zu 50 000 Euro. Das komplizierte und umfangreiche Regelwerk hatte zuletzt die Bauern auf die Straße getrieben, ebenso wie die neuen Vorgaben zum Insektenschutz. Die Landwirte fürchten durch weniger Dünger auch geringere Erträge und damit weitere Einkommenseinbußen.

Umstritten waren zuletzt immer auch die Messwerte. Darüber war es zum Streit zwischen Agrarministerin Klöckner und Umweltminister Svenja Schulze (SPD) gekommen. Klöckner schlug sich dabei auf die Seite der Bauern, die Zweifel an der Effizienz des Messnetzes geäußert hatten. Die Messbedingungen müssten bundesweit einheitlich sein, so die Agrarministerin. Die Werte sind schließlich entscheidend für die Vorgaben in der Düngeverordnung. Einige Bundesländer wollen demnach nun ihr Netzwerk überprüfen und vergrößern – Bayern, Niedersachen oder Rheinland-Pfalz. Andere Länder sehen keinen Bedarf.

In dieser Woche verteidigte Klöckner noch einmal ihr Regelwerk. Zu behaupten, die Landwirtschaft habe keine Auswirkungen auf die Nitratwerte im Grundwasser, sei „eine steile These“. Im Ringen mit der EU habe sie bereits erreicht, dass verringerte Düngung nicht flächendeckend, sondern nur in belasteten Gebieten gelten solle. Union und SPD hatten zudem auf die Bauernproteste der vergangenen Monate reagiert. Der Koalitionsausschuss beschloss vor wenigen Wochen eine Milliarde Euro zusätzlich für die Landwirtschaft, um die Bauern zu unterstützen. Kurzum: Die Novelle der Düngeverordnung kommt. Trotz der Proteste.

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