Agrarpaket in der Kritik Julia Klöckner will Boden gutmachen

Berlin · Die Bauern laufen Sturm gegen das geplante Agrarpaket des Bundes. Die Landwirtschaftsministerin stellt Änderungen in Aussicht, bleibt aber vage.

 Wie hier in Stuttgart demonstrierten Landwirte am Dienstag bundesweit gegen die Agrarpolitik.

Wie hier in Stuttgart demonstrierten Landwirte am Dienstag bundesweit gegen die Agrarpolitik.

Foto: dpa/Oliver Willikonsky

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatte am Mittwoch erst einmal ein paar gute Nachrichten zu verkünden: Endlich seien die Einkünfte der Landwirte durchschnittlich in den letzten beiden Wirtschaftsjahren wieder gestiegen, auch habe sich beim Höfesterben die Dynamik etwas verlangsamt. Der Strukturwandel schlage nicht mehr ganz so heftig zu. Bei der Vorstellung des „agrarpolitischen Berichts der Bundesregierung“ holte Klöckner dennoch die Unzufriedenheit eines großen Teils der Bauernschaft ein.

Alle vier Jahre wird die Expertise erstellt, mit ihr nimmt die Regierung eine Bestandsaufnahme vor und skizziert die Perspektiven für die Landwirtschaft. Diesmal fällt die Veröffentlichung in eine stürmische Zeit. Denn Tausende Bauern demonstrierten am Dienstag bundesweit gegen das von der Koalition nach langem Ringen auf den Weg gebrachte Agrarpaket. Die Proteste sollen weitergehen gegen strengere Regeln beim Düngen, beim Umwelt- sowie Insektenschutz, oder gegen die wachsende Bürokratie und die niedrigen Preise für Lebensmittel. Ministerin Klöckner steht nun zusätzlich unter Druck – wird sie Zugeständnisse machen oder bleibt sie hart?

Ihre Antwort auf diese Frage fiel salomonisch aus. Klöckner verwies darauf, dass das Agrarpaket noch kein Gesetz sei, sondern nun erst das Gesetzgebungsverfahren mit Ausschussberatungen und Anhörungen beginne. „Und da haben wir die Branche immer am Tisch.“ Die Politik übernehme eine „Brückenfunktion“. Soll heißen, im anstehenden Verfahren ist es durchaus noch möglich, dass sich einiges am Agrarpaket ändert. Auch beim Aktionsprogramm Insektenschutz erwarte sie „praxisgerechte Anpassungen“, betonte Klöckner. Dem verbreiteten Unwissen über die Pläne werde man mit Aufklärung begegnen.

Klöckner erklärte darüber hinaus, die Landwirtschaft befinde sich in einer „sensiblen Situation“. Die Bauern bewege vor allem das ihnen zu Unrecht verpasste Image, sie seien Tierquäler oder Ackervergifter. Auch stelle die Gesellschaft immer höhere Anforderungen. „Die gibt es aber nicht zum Nulltarif.“ Erschwerend käme hinzu, dass die Branche inzwischen aus unterschiedlichsten Strömungen bestehe – als Beispiel nannte Klöckner die Bewegung „Wir haben es satt“ genauso wie die Bewegung „Wir machen euch satt“.

Alles in allem befinde sich die hiesige Agrarwirtschaft aber auf einem guten Weg. 275 400 Betriebe seien in 2016 gezählt worden, im Vergleich zu 2010 seien dies 23 700 weniger. Die jährliche Abnahmerate betrage damit nur noch 1,4 Prozent, in früheren Zeiten waren es drei Prozent. Laut Bericht gab es 185 200 Betriebe mit Viehhaltung, sieben Prozent weniger als 2013. Dagegen ist der Viehbestand nur um ein Prozent zurückgegangen. Besonders groß seien die Veränderungen bei der Schweinehaltung – hier gab es einen Rückgang bei den Höfen um 18 Prozent.

2016 waren rund 940 000 Menschen haupt- oder nebenberuflich in der Landwirtschaft tätig. Klöckner meinte, die Einkommen würden auch im laufenden Wirtschaftsjahr steigen, wenngleich nicht in dem Ausmaß der vergangenen beiden Jahre mit jeweils zweistelligen Zuwachsraten. Problematisch seien die starken Einkommensschwankungen. Zudem ist es nach wie vor für viele Bauern schwierig, einen Hofnachfolger zu finden. Laut Bericht nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, je größer ein Betrieb ist. Durch die Digitalisierung werden freilich auch immer höhere Qualifikationen verlangt.

Den Einstieg von außerlandwirtschaftlichen Investoren insbesondere in Ostdeutschland und den starken Preisanstieg für Agrarflächen in Deutschland nannte Klöckner „alarmierend“. Nicht zuletzt seien die Länder gefordert, ihr Bodenrecht zu modernisieren. Gelten müsse: „Acker­land gehört in Bauernhand“, so die Ministerin.

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