Gesetzentwurf nicht gelesen oder gelogen?

Berlin · Monatelang stritten die Koalitionäre über ihr neues Bündel an Asylverschärfungen. Es brauchte zwei beschwerliche Anläufe bis zu einer Einigung. Nun ist das Ganze beschlossen. Da verblüfft es den SPD-Chef, was alles Heikles drin steckt. Wie bitte?

Der türkische Vize-Regierungschef Numan Kurtulmus hat eine Öffnung der Grenze für die tausenden wartenden Flüchtlinge aus Syrien in Aussicht gestellt. Die Türkei sei zwar am Limit ihrer Aufnahmekapazität, sagte er gestern dem Sender CNN-Türk. Doch letztendlich könnten die Flüchtlinge nirgends hingehen. "Wir sind nicht in der Position ihnen zu sagen, dass sie nicht kommen sollen. Wenn wir das täten, würden wir sie dem Tod überlassen." In den vergangenen Tagen flohen zehntausende Menschen vor den von Russland unterstützten Angriffen der Regierungstruppen auf Aleppo. Der türkische Grenzübergang Öncüpinar gegenüber vom syrischen Grenzort Bab al-Salama war gestern Nachmittag jedoch weiter geschlossen. Die Flüchtlinge harrten dort bei Kälte und Regen aus.

Einem Bericht der "FAZ" zufolge haben rund 40 Prozent der über die Balkanroute kommenden Flüchtlinge keine Aussicht auf Schutz in der EU. Dies liege maßgeblich daran, dass der Anteil der Syrer, die über die Türkei nach Griechenland fliehen, Anfang des Jahres auf 39 Prozent zurückgegangen sei. Im September 2015 waren es noch 69 Prozent.

Meinung:

Ein absurdes Theater

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Vermag sich diese große Koalition nicht mal mehr auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen? Wer den erneuten Streit zwischen SPD und Union über das Asylpaket II registriert hat, der kann nur noch verständnislos den Kopf schütteln über so viel politische Unfähigkeit. Das Problem besteht offenbar darin, dass die SPD zwar auch lautstark nach einer Begrenzung der Flüchtlingsströme ruft, sich aber schwer damit tut, wenn es konkret wird. Schon im November hatte Parteichef Gabriel zugestimmt, den Familiennachzug für Flüchtlinge , die aus einem Kriegsgebiet kommen, aber nicht selbst politisch oder religiös verfolgt sind, für zwei Jahre auszusetzen. Betroffen ist eine Minderheit. Der Anteil Minderjähriger, die ohne Eltern nach Europa kamen, ist noch geringer. Das wirft die Frage auf, warum bei ihnen überhaupt um Familiennachzug gestritten wird, wenn sich damit nur wenig an den Flüchtlingszahlen ändert. Wer allerdings auch solche Restriktionen ablehnt, der muss sich die Frage gefallen lassen, ob es ihm wirklich ernst ist mit einer Entspannung der Lage in Deutschland. Dieses absurde Theater ist Wasser auf die Mühlen von Pegida & Co.

Zum Thema:

HintergrundIm Südosten Bulgariens sind zwei Migrantinnen erfroren. Nach Angaben der Regierung wurden die beiden Flüchtlinge am Samstagabend in der Nähe der türkischen Grenze aufgefunden. Es handele sich um eine Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren sowie um eine Frau zwischen 30 und 40 Jahren. Sie gehörten zu einer Gruppe von 19 Flüchtlingen, die sich in der Region Malko Tarnovo versteckten. Die Überlebenden, darunter elf Kinder, wurden mit Erfrierungen ins Krankenhaus gebracht. Woher die Flüchtlinge stammen, blieb zunächst unklar. afp

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