Corona in Mexiko Volle Strände hier, volle Kliniken da

MEXIKO-STADT · Mexiko meldet in der Corona-Krise Höchststände: bei Touristen und bei Covid-Patienten. Während einige warnen, sieht der Präsident des Landes kein Problem.

 Der Tourismus boomt an Mexikos Stränden wie der Playa Del Carmen. Derweil melden die Krankenhäuser Überlastung wegen vieler Covid-Patienten.

Der Tourismus boomt an Mexikos Stränden wie der Playa Del Carmen. Derweil melden die Krankenhäuser Überlastung wegen vieler Covid-Patienten.

Foto: dpa/Emilio Espejel

Es sind verstörende Bilder, die man dieser Tage in Mexiko sehen kann. Auf der einen Seite die dramatischen Szenen überfüllter Hospitäler, von erschöpftem und auch sterbendem Krankenhauspersonal. Klinikleiter richten dramatische Appelle an die Regierenden und sagen, die Kapazitäten seien erschöpft, die Beatmungsgeräte ausgegangen. Über 100 Krankenhäuser im Land nehmen keine Patienten mehr auf. Die Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, warnt, dass in der Metropole nur noch zehn Prozent der Betten verfügbar seien.

Im zweitgrößten Land Lateinamerikas wütet die zweite Welle der Corona-Pandemie, ohne dass die erste je richtig abgeebbt wäre. Am Samstag verzeichnete das Land 20 258 Infektionen an einem Tag, es war die zweithöchste Zahl seit Beginn der Pandemie. Mit mehr als 1,6 Millionen Infizierten und über 140 241 Toten liegt Mexiko in der globalen Corona-Horrorstatistik ganz weit oben: Das Land verzeichnet die viertmeisten Todesopfer hinter den USA, Brasilien und Indien. Bei den Infektionen liegt Mexiko laut der Johns-Hopkins-Universität auf dem 13. Platz. Allerdings wird sehr wenig getestet, da Präsident Andrés Manuel-López Obrador und seine Corona-Krisenmanager Massentests und die Nachverfolgung der Infektionsketten als nicht wichtig erachten.

Während Infektionen, Hoffnungslosigkeit, Angst und Restriktionen in den Großstädten dramatisch ansteigen, sieht es in den Ferienorten ganz anders aus. Bilder zeigen, wie sich Urlauber aus aller Welt an den Küsten des Landes amüsieren, sonnenbaden und von Musikern am Strand bespaßen lassen. In Cancún und Tulum an der Karibikküste sowie Puerto Vallarta am Pazifik wird gebadet, getanzt und gefeiert, und sogar Kulturfestivals finden statt. In Acapulco schlossen die Behörden die Strände.

Die Hotels an der „Riviera Maya“ waren Ende des Jahres zu 63 Prozent ausgelastet mit Urlaubern aus den USA, Kanada und Europa und damit über der staatlich zugelassenen Höchstgrenze von 60 Prozent. In den Hotelbetten nächtigten auch viele deutsche Urlauber. Lufthansa-Chef Carsten Spohr meldete Ende des Jahres, dass die Mexiko-Flüge fast ausgebucht seien. Man könnte etwas zynisch sagen: Auf einem Höhepunkt der zweiten Corona-Welle melden die Behörden: Alle Betten voll – die der Hotels und die der Hospitäler.

Da Mexiko in der Corona-Krise weder die Grenzen geschlossen hat, noch einen PCR-Test zur Voraussetzung bei der Einreise macht oder Quarantäne anordnet, boomt das Land gerade und hat sich laut der Weltorganisation für Tourismus 2020 auf Platz drei der meistbesuchten Länder hinter Italien und Frankreich geschoben. Vor allem in Mexico City nimmt die Zahl der US-Bürger massiv zu, die aus ihrer Heimat wegen Corona und der politischen Lage ins südliche Nachbarland förmlich geflohen sind.

Der links-autoritäre Präsident López Obrador, ein weicher Corona-Leugner, findet all das ok. Der Erhalt der Wirtschaftskraft scheint ihm mindestens so wichtig wie der Kampf gegen Corona. Der Tourismus trägt zum Bruttoinlandsprodukt immerhin 8,7 Prozent bei. Und trotz der offenen Türen sank die Zahl der Besucher 2020 auch in Mexiko dramatisch – von 45 Millionen Touristen 2019 auf 25 Millionen.

 07.01.2021, Mexiko, Mexico City: Eine COVID-19-Patientin wird von medizinischem Personal in einem Rollstuhl ins Siglo XXI Medical Center geschoben. Foto: Rebecca Blackwell/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

07.01.2021, Mexiko, Mexico City: Eine COVID-19-Patientin wird von medizinischem Personal in einem Rollstuhl ins Siglo XXI Medical Center geschoben. Foto: Rebecca Blackwell/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Rebecca Blackwell

López Obrador erscheint unterdessen weiter ohne Maske zur täglichen Pressekonferenz, lobt sich für das aufwendige Impfprogramm, mit dem das Problem in Mexiko schon im Frühjahr gelöst sein soll. Seit 28. Dezember wird das medizinische Personal geimpft. Und in diesen Tagen soll dank großer Lieferungen des Biontech-Pfizer-Vakzins mit der massiven Impfung der Alten begonnen werden. Es sollen fast eine halbe Million Dosen pro Woche verimpft und so bis Ende April 15 Millionen Rentner vor dem Covid-19-Erreger geschützt werden. Erklärtes Ziel der Regierung ist, die Sterberate um 80 Prozent zu senken. Dafür ordnete sie auch die Notzulassung des russischen Impfstoffs Sputnik an.

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