Brände um Kraftwerk Tschernobyl Der Smog zieht bis in die Hauptstadt Kiew

Tschernobyl/Kiew · Vor dem Jahrestag der schlimmsten Atomkatastrophe in der zivilen Nutzung der Kernkraft schwelen weiter Brände um das Kraftwerk Tschernobyl. Mit Militärtechnik, Hubschraubern und nun auch mit deutscher Hilfe kämpft die Ukraine gegen die Flammen.

 Im ukrainischen Kiew fahren die Autos durch den Smog, der durch die seit zwei Wochen andauernden Löscharbeiten im radioaktiv belasteten Gebiet um das Atomkraftwerk Tschernobyl verursacht wird.

Im ukrainischen Kiew fahren die Autos durch den Smog, der durch die seit zwei Wochen andauernden Löscharbeiten im radioaktiv belasteten Gebiet um das Atomkraftwerk Tschernobyl verursacht wird.

Foto: dpa/-

Mindestens sechs Schwelbrände wüten noch im radioaktiv belasteten Gebiet um das Atomkraftwerk Tschernobyl. Ein Übergreifen der Flammen auf die Atomruine und die Lagerstätten mit den radioaktiven Abfällen sei verhindert worden, wie der ukrainische Katastrophenschutz am Sonntag mitteilte. Die Behörden betonen seit Tagen, dass es keine erhöhte Radioaktivität in bewohnten Gebieten gebe. Die Lage sei unter Kontrolle. Auch die Behörden beim Nachbarn Belarus (Weißrussland) und in Russland hatten nach eigenen Angaben keine Hinweise auf eine erhöhte Strahlenbelastung.

Mehr als 700 Feuerwehrleute löschten die Brände auch mit Hilfe von Hubschraubern. Mit schwerer Militärtechnik legten Einsatzkräfte Brandschneisen an. „Um die tapferen Feuerwehrleute in ihrem Kampf zu unterstützen und abzusichern, haben wir schnell reagiert“, sagte die deutsche Botschafterin Anka Feldhusen in Kiew zur deutschen Hilfe für den ukrainischen Katastrophenschutz. Behörden hatten nach Satellitenbildern die abgebrannte Fläche auf rund 11 500 Hektar geschätzt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace geht vom mehr als Vierfachen aus.

Im benachbarten Gebiet Schytomyr hatten an der Grenze zur Ex-Sowjetrepublik Belarus am Donnerstag ausgebrochene Waldbrände auf Dörfer übergegriffen und rund 40 Wohnhäuser zerstört. Etwa 50 Menschen mussten nach Angaben des Gebiets-Gouverneurs Vitali Bunetschko in Sicherheit gebracht werden.

In der knapp 70 Kilometer vom Sperrgebiet entfernten Hauptstadt Kiew hielt sich am Samstag dichter Smog und am Sonntag noch Brandgeruch. Die Dreimillionenstadt verzeichnet nach Behördenangaben keine erhöhte Radioaktivität. Die vom Bürgermeister und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko geführte Stadt forderte die Bürger auf, die Fenster geschlossen zu halten. Die Messergebnisse für Luftschadstoffe – etwa Schwefeldioxid – lagen über den Grenzwerten.

Für die seit zwei Wochen andauernden Löscharbeiten im radioaktiv belasteten Gebiet um das Atomkraftwerk Tschernobyl gibt es nun deutsche Unterstützung. „Die schnelle Hilfe umfasst 80 Dosimeter zur Messung der Radioaktivität und rund 15 Kilometer Feuerwehrschläuche“, teilte die deutsche Botschaft in Kiew mit. Zudem werde ein für Wald- und Vegetationsbrände ausgestattetes Tanklöschfahrzeug angeschafft. Insgesamt habe die Hilfe einen Wert von 230 000 Euro, hieß es.

In den vergangenen Jahren kam es mehrfach zu Feuern in den unbesiedelten Gebieten der Sperrzone. Als Ursache gilt oft Brandstiftung. Zuletzt gab es deshalb auch zwei Festnahmen. Nach der Explosion des Blocks vier im damals noch sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986 wurden radioaktiv verstrahlte Landstriche um die Atomruine gesperrt. Es handelte sich um die größte Atomkatastrophe in der zivilen Nutzung der Kernkraft. Es gab Tausende Tote und Verletzte. Zehntausende Menschen wurden zwangsumgesiedelt. Seit mehreren Jahren ist das Gebiet für geführte Touristen zugänglich.

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