Naschen mit Stil
München. Schokolade schreibt sich in deutschen Innenstädten wieder in französischem Stil mit "Ch". Hunderte "Chocolaterien" sind in den vergangenen Jahren eröffnet worden - meistens kleine, liebevoll gestaltete Geschäfte, in denen Liebhaber auch schon mal sechs Euro oder mehr für eine Tafel "Chili-Caramel" oder "Honig-Balsamico-Schokolade" bezahlen
München. Schokolade schreibt sich in deutschen Innenstädten wieder in französischem Stil mit "Ch". Hunderte "Chocolaterien" sind in den vergangenen Jahren eröffnet worden - meistens kleine, liebevoll gestaltete Geschäfte, in denen Liebhaber auch schon mal sechs Euro oder mehr für eine Tafel "Chili-Caramel" oder "Honig-Balsamico-Schokolade" bezahlen. Auch extremere Aromen wie Sellerie-Portwein und Bergkäse kommen an.
Ganz so weit geht Uschi Fritz, die im oberbayerischen Landsberg mit ihrem Mann Torsten Adolphs seit 2003 einen Schoko-Laden betreibt, dann lieber nicht. "Es ist nicht unser Ziel, möglichst schräg zu sein", sagt Adolphs. Das Paar lässt die Schokolade nach alter Rezeptur von einem Konditormeister bei Rosenheim in kleinen Chargen fertigen und verkauft sie in eigens entworfenen Verpackungen mit Goldpapier und aufgedruckter Poesie. Inzwischen werden die kleinen Kunstwerke auch in 50 anderen Schokoladen-Läden in Deutschland verkauft, der Umsatz des Ladens hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt.
Auch große Konzerne profitieren vom Trend zur Luxus-Schokolade. Der Markt ist enorm: Im Durchschnitt nascht jeder Mensch in Deutschland 90 Tafeln pro Jahr und beschert der Schoko-Branche damit einen Umsatz von rund 4,7 Milliarden Euro. Bei der Suche nach neuen Umsatzquellen haben die Hersteller vor allem die hochwertigen Schokoladen entdeckt. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé will im kommenden Jahr in der Schweiz sogar ein eigenes Forschungsinstitut zur Entwicklung von Luxus-Schokolade eröffnen.
Um die Käufer für die Edel-Schokoladen mit hohem Kakaoanteil, die zum Teil zehnmal so teuer sind wie normale Tafeln im Supermarkt, machen sich die Firmen keine Sorgen. "Das sind fast ausschließlich Schokoladen-Liebhaber, die bereit sind, für ihr persönliches Genusserlebnis auf höchstem Niveau etwas mehr auszugeben", sagt der Geschäftsführer des Süßwarenhandelsverbandes Sweets Global Network, Hans Strohmaier.
Vor allem Frauen gönnen sich nach Erkenntnissen von Lindt die hochwertigen Schokoladen. Von den Kalorien lassen sie sich den Appetit nicht verderben. "Alle Lebensmittel kann man mit Freude genießen, wenn man sie im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung im richtigen Maß verzehrt", heißt es beim Schokoladenhersteller.
Beflügelt wurde die Schokomanie vor Jahren durch den Film "Chocolat" mit Juliette Binoche, in dem sie als Zugereiste die Einheimischen in einem französischen Dorf mit ihren Pralinen verführt. Inzwischen gehört fundiertes Wissen über die Qualität von Kakaobohnen in Gourmet-Kreisen fast dazu wie der Small-Talk über Weinanbaugebiete.
Hintergrund
Pralinen mit Rotwein, Granatapfel oder Kir Royal, handgeschöpfte Schokolade mit Bergkäse, Walnüssen und Trauben, kandierte Rosenblüten auf Schokolade - ganz der "Versuchung, der man nachgeben sollte", hat sich in Saarbrücken in der Fröschengasse das "Chocolat" verschrieben. Die Chocolaterie, die Cécile Döberle kürzlich übernommen hat, besteht dort seit März 2006. Tipp des Hauses: Kenner packen Schokolade eine Stunde vor dem Verzehr aus. ulb