52 Millionen Menschen betroffen Eiseskälte heizt Klimadebatte an

Berlin/Potsdam · An vielen Orten der USA herrscht zu Jahresbeginn Extrem-Frost. Doch woher kommen diese eisigen Temperaturen?

Ein extremer Kälteeinbruch und dann auch noch ein starker Schneesturm in den USA: Solche eisigen Zeiten sind nach Forscherangaben keineswegs ein Zeichen für einen stockenden globalen Klimawandel. Dagegen hatte US-Präsident Donald Trump erst kürzlich wieder per Twitter die Erderwärmung in Abrede gestellt – diesmal unter Hinweis auf den bitterkalten Winter in Teilen der USA.

„Es ist zunächst wichtig, daran zu erinnern, dass sich die extreme Kälte fast ausschließlich regional auf die USA beschränkt“, betont Marlene Kretschmer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Global gesehen ist es momentan viel wärmer auf der Erde als normalerweise.“ In Deutschland war es an Silvester bis zu 16,1 Grad warm.

Das werden die Menschen an der Ostküste der USA wohl nur mit Wut quittieren. Denn, wie der US-Sender CNN am Wochenende berichtete, wohnen insgesamt 58 Millionen Menschen im Einzugsgebiet des Extremfrosts. Zehntausende Haushalte in mehreren Bundesstaaten mussten zeitweise ohne Strom auskommen. In mehreren Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen. Tausende Flüge fielen aus. Zudem sind seit den Weihnachtstagen mindestens 20 Menschen erforen.

Woher kommt diese eisige Kälte? Klimaforscher registrieren immer häufiger eine Wetterlage, bei der eine hohe Luftströmung, der „Jetstream“, welliger wird. Eine Ursache liege darin, dass sich die Arktis schneller erwärmt als die Tropen, was den Jetstream beeinflusse. In den USA etwa zeigt sich dann ein deutliches Muster, bei dem der Westen in einer warmen Luftströmung aus dem Süden liegt, während in die Osthälfte polare Kaltluft aus dem Norden strömt, wie Kretschmers Instituts-Kollege Stefan Rahmstorf erläuterte. Die Wellen werden stationär, bewegen sich tagelang nicht mehr vom Fleck.

„Allgemein sind die Winter im Nord­osten der USA, aber auch in Europa und im nördlichen Asien im Mittel seit etwa 1990 kälter geworden“, sagt Kretschmer. Dies stehe im starken Kontrast zum allgemeinen globalen Erwärmungstrend, insbesondere in der Arktis. Dort verstärkt etwa das zurückgehende Eis die Erwärmung, weil Eis mehr Strahlen zurückwirft als die dunkle Wasserfläche. Es gebe Hinweise darauf, dass der Rückgang des Arktischen Meereises zu den Kälteausbrüchen in den USA und Eurasien beigetragen hat. „Ein sehr wichtiger Faktor ist in dem Klimageschehen der „Polarwirbel“, ein Band schneller Westwinde, das normalerweise die kalte Luft über der Arktis einschließt“, erklärt Kretschmer.

„Wird dieser Polarwirbel geschwächt, kann die kalte Luft aus der Arktis in niedrigere Breiten entweichen, was oftmals mit einem welligen Jetstream zusammenhängt“, fügt die Potsdamer Forscherin hinzu. „Wir konnten bereits zeigen, dass lang anhaltende Schwächephasen des Polarwirbels in der Stratosphäre zu den kalten Wintern im nördlichen Eurasien beigetragen haben.“ Für die USA ist das noch nicht geklärt.

Und spielt der Klimawandel auch bei außergewöhnlichen Starkstürmen wie dem zuletzt in den USA tobenden Grayson eine gewisse Rolle? Das wäre plausibel, sagte Jeff Masters vom Wetterdienst Weather Underground dem Magazin „Scientific American“. Denn der Klimawandel beeinflusse die Atmosphäre fundamental und habe auch Einfluss auf die Entstehung eines Sturmes.

Auch Masters verweist darauf, dass der Klimawandel möglicherweise zu mehr Bögen des Jetstreams führen und dies wiederum solche Stürme fördern könnte. Auf dem gesamten Feld werde jedoch noch geforscht, und es gebe noch keine einhellige Meinung dazu, wie der Klimawandel Stürme beeinflusse.

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