Blutspende unerwünscht?

Köln · Homosexuelle sind von der Blutspende ausgeschlossen. Die Bundesärztekammer will das Verbot lockern, doch viele Experten verweisen auf ein hohes Risiko. Schwule fühlen sich diskriminiert.

Der Vorstoß der Bundesärztekammer, das Blutspendeverbot für schwule Männer zu lockern, stößt bei Medizinern und Experten auf verhaltene Reaktionen. "Wir nehmen es in Kauf, Menschen auszuschließen", sagt Susanne Stöcker, Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), das in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer die Richtlinien für Blutspenden erstellt: "Denn das Risiko liegt hier um ein Vielfaches höher als in anderen Gruppen."

Nach einer Schätzung des Robert-Koch-Instituts vom November 2012 sind bundesweit etwa 78 000 Menschen mit HIV infiziert - 51 000 davon sind schwule Männer. "Der Anteil homosexueller Männer liegt bei den Neuinfektionen bei 60 Prozent", berichtet Stöcker. Sex unter Männern sei hochriskant. Deshalb müssten Homosexuelle weiter von der Blutspende ausgeschlossen werden.

"Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf Blutspende", meint Friedrich-Ernst Düppe vom Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Auch andere Gruppen dürften nicht spenden, Prostituierte etwa oder heterosexuelle Menschen mit riskantem Sexualverhalten. Für Menschen, die in einem Malariagebiet gelebt haben, ist die Blutspende vier Jahre lang tabu. Und: Wer sich zwischen 1980 und 1996 mehr als sechs Monate in Großbritannien aufgehalten hat, ist sogar für den Rest seines Lebens ausgeschlossen - aus Angst vor Ansteckung mit der menschlichen Variante des Rinderwahns, der Creutzfeldt-Jacob-Krankheit. Schwule Männer sehen sich jedoch diskriminiert. "In Deutschland ist de facto bislang das Blut von Schwulen nicht erwünscht", kritisiert Markus Ulrich vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD). Männer, die Sex mit Männern haben, würden unter einen diskriminierenden Generalverdacht gestellt: "Nicht eine sexuelle Identität, sondern ein unsicheres Verhalten muss als Risiko bewertet werden."

Das sehen auch die meisten Mediziner so. Problem: Auch modernste HIV-Tests geben in der Frühphase einer Ansteckung keine absolute Sicherheit. Das Virus muss sich erst eine Weile im Blut befinden, bevor es nachweisbar ist. "Etwa neun bis elf Tage nach der Infektion ist ein Test möglich, der ein relativ sicheres Ergebnis liefert", sagt der Transfusionsmediziner Volkmar Schottstedt. Wird in der Zwischenzeit Blut gespendet, kann es sein, dass das Virus nicht entdeckt und die Blutkonserve herausgegeben wird.

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