Merkel macht Opelanern Mut

Rüsselsheim. Die Halle K48 auf dem Opel-Werksgelände bebte, als Angela Merkel gestern an 3000 Opelanern vorbei auf die Bühne trat. Die Mitarbeiter des angeschlagenen Autobauers mit der ungewissen Zukunft sehnen endlich eine klare Zusage der Bundesregierung herbei

Rüsselsheim. Die Halle K48 auf dem Opel-Werksgelände bebte, als Angela Merkel gestern an 3000 Opelanern vorbei auf die Bühne trat. Die Mitarbeiter des angeschlagenen Autobauers mit der ungewissen Zukunft sehnen endlich eine klare Zusage der Bundesregierung herbei. Schon Merkels Kommen nach Rüsselsheim werten sie als Beweis für die Solidarität der CDU-Chefin, auch wenn der Besuch schon im Sommer 2008 und damit lange vor der existenzbedrohenden Krise bei Opel verabredet worden war. Tatsächlich hat Merkel ein Versprechen im Gepäck: Sie sagt staatliche Hilfe bei der Suche nach einem Investor zu. Mit Bürgschaften werde der Bund eine Brücke bauen. Und sie verspricht ein ranghohes Verhandlungsteam, das deutsche Interessen gegenüber der US-Regierung und der Konzernmutter General Motors (GM) vertreten wird.Beim Hauptanliegen Opels aber bleibt die Kanzlerin hart: Einen direkten Einstieg des Staates lehnt sie kategorisch ab. Es gehe um ein tragfähiges Konzept für die Zukunft, sagt Merkel: "Opel muss auf Füße gestellt werden, die nicht etwa nachher zusammenbrechen wie ein Kartenhaus, sondern die stehen und auch langfristig ein guter Partner von GM sein können." Das ist nach Überzeugung Merkels nur mit einem privaten Investor möglich. Ihr Parteifreund, Hessens Ministerpräsident Roland Koch, schmiert den Opelanern zwar Honig um den Mund. Opel sei eine "Lebensader Hessens", auf die Opelaner sei das Bundesland stolz. Dennoch könne der Staat nicht einsteigen, um Opel zu retten, denn er sei kein guter Unternehmer.Die Kanzlerin springe zu kurz, wenn sie aus "ideologischen Gründen" einen zeitlich befristeten Staatseinstieg bei Opel ausschließe, kommentierte die SPD-Spitze Merkels Rede. Am Vortag hatte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ein Modell für eine Staatsbeteiligung bei Opel vorgestellt. Dafür erhielt der Vizekanzler Applaus aus Rüsselsheim. "Das ist die erste gute Nachricht, die diese Belegschaft seit Monaten hört", lobte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. Bei einem Rundgang durch die Werkshallen am Stammsitz Rüsselsheim, der nach den aktuellen Plänen bald die Zentrale einer europäischen Opel AG sein soll, hatte sich Merkel gestern die Produktion des neuen Hoffnungsträgers Insignia angeschaut. Der Mittelklassewagen ist seit November auf dem Markt, bislang liegen 86 000 Bestellungen vor. Trotzdem fehlt es dem Konzern an Geld - und das muss in den kommenden 60 Tagen aufgetrieben werden. Dann läuft die Gnadenfrist der US-Regierung für die Opel-Mutter GM ab, und der Branchenriese könnte seine deutsche Tochter mit in die Pleite ziehen. Deshalb soll Opel Europa schnell eigenständig werden. Doch auch wenn Merkel Hoffnung schürt - ein Investor ist längst nicht in Sicht. "Opel muss auf Füße gestellt werden, die nachher nicht zusammenbrechen wie ein Kartenhaus."Angela MerkelMeinung

Merkels ruhige Hand

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß Wer gestern von den 3000 Opelanern in Rüsselsheim gehofft hatte, Angela Merkel würde wie einst Gerhard Schröder beim Baukonzern Holzmann das Füllhorn über dem angeschlagenen Autobauer ausschütten, der wurde arg enttäuscht. Zum Glück. Die Kanzlerin ist ihrer Politik der ruhigen Hand in der Frage der Opel-Rettung treu geblieben. Bei der Suche nach seriösen Lösungen in Krisensituation kann dies zum Nutzen der Betroffenen sein, weil eher das Beste und nicht nur das Populärste in den Blick genommen wird. Erst muss in den USA Klarheit herrschen, wie es mit General Motors weitergeht. Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, mitzureden und Einfluss zu nehmen. Diese Chance muss sie im Sinne des Autobauers nutzen.

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