Hörspielmesse „Hörmich“ Das gute alte Hörspiel hält sich wacker

Hannover · Wie geht es dem Hörspiel-Genre? Was findet sein Publikum, was nicht? Das weiß die erfolgreiche saarländische Hörspiel- und Filmfirma Pidax aus Riegelsberg. Sie war am Wochenende bei der „Hörmich“-Messe in Hannover dabei.

 Auch den „Tatort“ gibt es als Hörspiel – hier ein Blick ins Studio des SR bei den Aufnahmen zum Radiotatort „Lange Schatten“: André Jung als Hauptkommissar Paquet und Brigitte Urhausen  als Kommissarin Gentner.

Auch den „Tatort“ gibt es als Hörspiel – hier ein Blick ins Studio des SR bei den Aufnahmen zum Radiotatort „Lange Schatten“: André Jung als Hauptkommissar Paquet und Brigitte Urhausen  als Kommissarin Gentner.

Foto: Oliver Dietze

„Die drei Fragezeichen“, „TKKG“ – damit ist eine ganze Generation groß geworden. Viele Fans von damals sind auch heute als Erwachsene Liebhaber von Hörspielen. Auf der Messe „Hörmich“ konnten sie sich am Wochenende in Hannover bei Verlagen, Produzenten, Autoren und Sprechern über neueste Projekte informieren.

Hörspiele aus den 1950er und 1960er  Jahren bringt der Film- und Hörspielverlag Pidaxfilm aus Riegelsberg auf CD heraus. In Hannover präsentierte er Neuheiten aus seinem Programm wie „Die Jagd nach dem Mörder“ mit Charles Brauer, Ida Ehre, Ingrid van Bergen und Uwe Friedrichsen als Sprecher oder „Rinaldo Rinaldini oder Der Räuberhauptmann“ mit Nicole Heesters, Klausjürgen Wussow und Hans-Joachim Kulenkampff. Vor allem Krimis sind gefragt, zu den beliebtesten Sprechern zählen die einstigen Fernsehkommissare Hansjörg Felmy, Horst Tappert und Heinz Drache. Für die Veröffentlichung kauft Pidax bei den ARD-Sendern, die einst die Hörspielserien produzierten, die Lizenzen. „Wir haben ein Internetforum mit Vorschlägen, oder Kunden schreiben Mails mit ihren Wünschen. Und manchmal entdecke ich beim Hören alte Schätze“, berichtet Timo Schröder, Creative Director beim fünf Mitarbeiter zählenden Verlag über das Zusammenstellen der Programme. Er fügt hinzu: „Unsere Kunden sind etwas älter. Junge Leute interessieren sich eher für Horror- und Gruselhörspiele.“ Die CDs werden im Internet sowie über den Buch- und  Elektrohandel angeboten. Jeden Monat erscheinen ein neues Hörspiel und 15 neue DVDs – das Geschäft mit alten Filmen ist für Pidaxfilm wichtiger.

Der Darmstädter Autor Ivar Leon Menger gehört zu den Stars der Szene und war in Hannover von Autogrammjägern umringt. Seine Produktion „Monster 1983“ wurde 2016 als Hörspiel des Jahres ausgezeichnet. Derzeit arbeitet er an einer zehnteiligen Hörspielfolge für den Amazon-Ableger Audible, an der 120 Schauspieler mitwirken. „Alleine für die Musikproduktion sind zwei Monate vorgesehen. Für Amazon ist das ein Prestigeprojekt, um neue Abonnenten zu gewinnen. Für Autoren und Sprecher ist so ein großes Projekt toll, denn sonst kann sich nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk so etwas leisten“, sagt Menger.

Marc Schülert aus Lüneburg hat mit Detlef Tams aus Hamburg und Dirk Hardegen aus Fulda Ohrenkneifer gegründet, sie produzieren Western, Science Fiction und Politthriller. Sie alle sind professionelle Schauspieler, die ihr Geld unter anderem mit der Synchronisation von Filmen oder als Sprecher für Werbespots verdienen. Ihr Hörspiel-Label Ohrenkneifer hat mittlerweile so viele Fans, dass sie für ihre bisher 14 eigenen Produktionen nicht mehr draufzahlen. Detlef Tams freut sich, dass eines der Ohrenkneifer-Hörspiele vor einiger Zeit im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) lief. „Dadurch haben wir viel mehr Interessenten bekommen“, sagt er. Generell aber sei die Bedeutung des Hörspiels im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den letzten Jahren gesunken.

Dabei ist Deutschland international immer noch die Hochburg des Hörspiels. So strahlt Deutschlandfunk Kultur sonntags um 18.30 Uhr und mittwochs um 21.30 Uhr Hörspiele aus, zudem gibt es montags um 21.30 Uhr ein Kriminalhörspiel. Auf Deutschlandfunk werden samstags um 20.05 Uhr und dienstags um 20.10 Uhr Hörspiele übertragen. Auf das Hörspiel setzt auch das Konfuzius-Institut, das staatliche chinesische Kulturinstitut im Ausland. Joachim Ziebe, der im Frankfurter Konfuzius-Institut die Sprachkurse organisiert, hat das Hörspiel „Tiao Tiao“ geschrieben, mit dem etwa der Taoismus und die chinesische Mythologie deutschen Hörern nähergebracht werden soll. „Bei den Inhalten war ich ganz frei“, versichert Ziebe, der für das Hörspiel bekannte Stimmen wie Santiago Ziesmer (SpongeBob), Jürgen Thormann (Michael Caine) und Christian Rode (Bert aus der „Sesamstraße“) engagieren konnte.

 Timo Schröder von der Riegelsberger Firma Pidax bei der „Hörmich“-Messe in Hannover.

Timo Schröder von der Riegelsberger Firma Pidax bei der „Hörmich“-Messe in Hannover.

Foto: Joachim Göres
 Schauspieler Bjarne Mädel („Tatort­reiniger“) bei den Aufnahmen zum Hörspiel „Drachenreiter – Die Vulkan-Mission“ nach einer Geschichte von Cornelia Funke.

Schauspieler Bjarne Mädel („Tatort­reiniger“) bei den Aufnahmen zum Hörspiel „Drachenreiter – Die Vulkan-Mission“ nach einer Geschichte von Cornelia Funke.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Knapp zehn Milliarden Euro hat der Buchhandel in Deutschland 2017 umgesetzt, rund drei Prozent entfallen davon auf Hörbücher. Von Einbußen in der Buchbranche sind auch die Hörbücher betroffen – in den ersten fünf Monaten dieses Jahres sank der Umsatz gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 um 11,2 Prozent.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort