Im Vatikan steht heute der Aufbruch auf dem Prüfstand

Vatikanstadt · Knapp ein Jahr nach ihrem Konferenz-Marathon zur Papstwahl treten die Kardinäle der katholischen Kirche heute erneut zu einer Vollversammlung im Vatikan zusammen. Vom 4.

bis 11. März 2013 hatte der Kirchensenat über die Lage der Kirche nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. beraten, Erwartungen an dessen Nachfolger formuliert - und dann den Argentinier Jorge Mario Bergoglio gewählt. Jetzt trifft sich der Kirchensenat mit Papst Franziskus zu einem zweitägigen außerordentlichen Konsistorium, um wieder über die Lage der Kirche zu beraten - und über den Stand der seither eingeleiteten Reformbemühungen.

Damals war das Vorkonklave bestimmt von Sorgen um Krisen in der Weltkirche und an der vatikanischen Kurie. Die Kardinäle suchten nach Auswegen aus der Verunsicherung und dem Vertrauensverlust, den etwa die Skandale um sexuellen Missbrauch und "Vatileaks", die Weitergabe von Interna aus dem Umfeld von Papst Benedikt XVI., ausgelöst hatten. Sie wollten einen überzeugenden Neuanfang durch eine Rückbesinnung auf die eigentliche Sendung der Kirche. Bei einer dieser Sitzungen hatte der argentinische Kardinal Bergoglio die Krise und die Notwendigkeit eines neuen Aufbruchs offenbar so klar benannt, dass er schnell gewählt wurde.

Ein Jahr später steht nun dieser Aufbruch samt den damaligen Erwartungen, Hoffnungen und Vorgaben auf dem Prüfstand. Bald nach seiner Wahl hatte Franziskus einen Kardinalsrat für die Kurienreform mit acht Mitgliedern berufen; über deren erste Vorschläge will er jetzt den Kreis seiner damaligen Wähler informieren. Dieser sogenannte K8-Rat, zu dem auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx gehört, befasste sich bislang vor allem mit der Bischofssynode, die als kollegiales Element der Kirchenleitung gestärkt werden soll. Weiter ging es um die Arbeit und Struktur der vatikanischen Ministerien, die Kongregationen und Räte und zuletzt um die vatikanischen Finanzinstitutionen, deren Arbeit transparenter, besser vernetzt und damit effizienter werden müsse.

Neben diesen organisatorischen Belangen stehen freilich auch inhaltliche Themen auf dem Programm des zweitägigen Treffens, das hinter verschlossenen Türen in der vatikanischen Synodenaula stattfindet. Franziskus will mit den Kardinälen über Fragen der Familienseelsorge sprechen, dem Thema der beiden nächsten Bischofssynoden. Das Einführungsreferat hält der frühere Kurienkardinal Walter Kasper, der schon in den 90er Jahren mit zwei weiteren südwestdeutschen Bischöfen einen Vorstoß zur dornigen Frage der wiederverheirateten Geschiedenen gewagt hatte. Dieser blieb dann freilich in der Kurie hängen. Man darf gespannt sein, ob jetzt beim Konsistorium die Diskussion ähnlich offen und freimütig geführt wird wie vor dem Konklave.

Auf diese internen Kardinalsberatungen mit dem Papst folgt am Samstag ein öffentliches Konsistorium. Papst Franziskus nimmt dabei 19 neue Würdenträger in den Kirchensenat auf. Gleich fünf neue Kardinäle stammen aus dem Subkontinent und der Karibik, nur einer aus Nordamerika. Dazu kommen je zwei Diözesanbischöfe aus Afrika, Asien und Europa - und nur vier Leiter römischer Zentralbehörden. Das Kardinalskollegium wird damit noch internationaler und lateinamerikanischer.

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