Goldesel oder Fass ohne Boden?

Hamburg. "Das Bild von der Elbphilharmonie wird das Bild von Deutschland bestimmen, so wie das Bild von der Oper in Sydney unser Bild von Australien ausmacht." Das meinte die Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck im März 2007 in einem Interview mit der Neuen Musik Zeitung. Seit Tagen sind von "Down Under" nur Horrormeldungen zu hören

 Finanzskandale begleiten das Projekt Elbphilharmonie. Foto: dpa

Finanzskandale begleiten das Projekt Elbphilharmonie. Foto: dpa

Hamburg. "Das Bild von der Elbphilharmonie wird das Bild von Deutschland bestimmen, so wie das Bild von der Oper in Sydney unser Bild von Australien ausmacht." Das meinte die Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck im März 2007 in einem Interview mit der Neuen Musik Zeitung. Seit Tagen sind von "Down Under" nur Horrormeldungen zu hören. 800 Millionen Australische Dollar werden benötigt, um dringend notwendige Reparaturen am 1973 eröffneten Bau des dänischen Architekten Jørn Utzon durchzuführen. Offenbar kümmerte sich 37 Jahre lang niemand um den Erhalt des weltberühmten Bauwerks.

Steht das Sydney Opera House unmittelbar vor der Schließung? Namhafte australische Politiker plädieren längst für Abriss und Neubau. Der wäre gerade einmal 100 Millionen Australische Dollar teurer als die Runderneuerung, hat Rees ausgerechnet. Mögen manche Australier auch geschichtslose Gesellen sein, die in die Jahre gekommene Bauten einfach durch neue ersetzen - die Nachrichten aus Sydney zeigen, dass es mit einem schicken Neubau nicht getan ist. Die Betriebs- und Folgekosten sind es, die im Laufe der Jahre zur drückenden Last werden.

Wie aber sieht es damit bei der Hamburger Elbphilharmonie aus? Hat schon irgendjemand ausgerechnet, welche Summen allein die Reinigung der imposanten Glasfassade im Jahr verschlingen wird? Schwerlastaufzüge und eine gigantische 82 Meter lange Rolltreppenanlage transportieren das Publikum in luftige Höhen. Was aber kosten Unterhalt und Wartung? Ganz davon abgesehen, benötigt das Gebäude Heizung und Lüftung, Reinigung, Strom und Bewachung. Rund 7,3 Millionen Euro pro Jahr, so ein Sprecher der Kulturbehörde, würden dafür veranschlagt. Weitere 3,2 Millionen Euro sind für den künstlerischen Betrieb eingeplant. Gelder, die als Sonderzuwendungen aus dem allgemeinen Haushalt zugeschossen werden sollen. Zur Bestreitung weiterer Folgekosten hofft die Senatorin auf private Mittel. Eine Hoffnung, die angesichts der Finanzkrise sehr optimistisch erscheint. Rufen wir uns in Erinnerung: Die wesentlich kleinere Hamburger Galerie der Gegenwart hat sich gerade zur temporären Schließung entschlossen: Eben um besagte Betriebs- und Personalkosten einzusparen.

Horrormeldungen kommen nicht nur aus Australien. Am 17. Januar 2009 wurde das Konzerthaus Kopenhagen, ein vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel errichteter Kubus mit blauer Glasfiberfassade, nach zehn Jahren Planung und Bauzeit eingeweiht. Ähnlich wie bei der Elbphilharmonie war der Bau von Skandalen begleitet: falsch berechnete Materialkosten, Fehlkalkulationen, Schwierigkeiten bei der Verankerung des Gebäudes im weichen Gelände auf der Insel Amanger. Wegen immenser Budgetüberschreitung - am Ende 230 statt der veranschlagten rund 80 Millionen Euro - verweigerte das Parlament die restlichen Zahlungen. Das dänische Rundfunkorchester finanzierte die Fertigstellung schließlich allein. Auch der viel zitierte "Bilbao-Effekt", also die Belebung und touristische Aufwertung des spanischen Baskenlandes durch den Neubau einer architektonisch attraktiven Kultureinrichtung, nimmt merklich ab. Das im Oktober 1997 eröffnete Guggenheim Museum Bilbao von Stararchitekt Frank O. Gehry macht gerade durch einen Finanzskandal Schlagzeilen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort