Die Richtung stimmt

Aufatmen kann Griechenland zwar noch nicht. Aber wer sich an die hitzigen Debatten des vergangenen Sommers zurückerinnert, darf die Ruhe um Hellas in diesem Jahr durchaus als positives Zeichen werten. Die Reformrunde vom Mai sollte das letzte Opfer des griechischen Volkes sein - so hatte es Premier Alexis Tsipras versprochen. Ob die Mühen und Entbehrungen Früchte tragen, dürfte sich in wenigen Wochen zeigen - wenn die Reform-Erfolge auf den Prüfstand kommen.

Dennoch muss sich Griechenland darauf einstellen, dass die Durststrecke noch nicht ganz beendet ist. Und auch im kommenden Jahr bleibt zu hoffen, dass die Prognosen der Kommission, die 2,7 Prozent Wachstum vorhersehen, nicht zu übermütig waren. Griechenland braucht dringend Investitionen. Dafür müssen aber auch endlich die altbekannten Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden.

Dass etwa der Verkauf der Hafenanlage von Piräus immer noch nicht besiegelt ist, obwohl seit langem ein chinesischer Investor wartet, ist ein fatales Zeichen für andere, die womöglich bereit wären, wieder Geld in Hellas anzulegen. Stattdessen brachte Tsipras ein Gesetz ins Parlament ein, das die zuvor vereinbarte Frist für Baugenehmigungen wieder aufhob. Ein anderes Beispiel ist das von Fraport mehrfach bekundete Interesse, Regionalflughäfen in Griechenland aufzukaufen. Stattdessen überlegt das Kultusministerium, aus dem Athener Rollfeld Elliniko eine Ausgrabungsstätte zu machen. Ein von der Regierung unabhängiger Privatisierungsfonds soll diese Schritte eigentlich überwachen. Tatsächlich eingesetzt ist er noch immer nicht.

Ob auf diese Weise das Vertrauen in die griechische Wirtschaft wieder aufgebaut werden kann, scheint mehr als fraglich. Griechenland mag die Talsohle erreicht haben. Das Motto, es kann nur noch bergauf gehen, liegt nahe. Doch die ersten zaghaften Anzeichen eines Umschwungs gilt es nun zu hegen, statt mit neuen Forderungen nach einem Ende der Austeritätspolitik platt zu trampeln.

Zu versuchen, sich unmittelbar vor der nächsten Prüfung, die im September ansteht, mit anderen Ländern zu verbünden, die tendenziell auch schwache Haushalte haben, wäre deshalb das falsche Signal. Weder Italiens faule Kredite, noch Portugals rückwärtsgewandter Reformkurs oder Spaniens teure Wahlversprechen sind das richtige Rezept, langfristig Schulden abzubauen. Andere Programmländer zeigen dagegen, wie es geht. Irland hat es geschafft, Zypern ist auf einem guten Weg, aber muss ihn konsequent weitergehen. Auch für Griechenland ist das möglich - wenn Tsipras nicht einknickt oder aus reinem Machterhalt ein weiteres Mal den falschen Kurs einschlägt.

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