Der Wahnsinn hinter Theaterkulissen

Venedig · Regisseur Alejandro González Iñárritu, sonst bekannt für große Dramen wie „Babel“, hat eine Komödie gedreht: Ein eigenwilliger Start für das italienische Filmfest.

Bei Michael Keaton muss man schon ein bisschen überlegen. Gut, es ist nicht so, dass der Hollywood-Schauspieler in den vergangenen 20 Jahren arbeitslos war. Letztlich läuft bei ihm aber alles auf eine Rolle zurück, an die man sich am meisten erinnert. Zwei Mal stieg er ins Superheldenkostüm und gab den Batman : 1989 und 1992 in Tim Burtons finsteren Verfilmungen des Comics. Dass Keaton nun die Hauptrolle in Alejandro González Iñárritus "Birdman" übernommen hat, zeugt zumindest von etwas mehr als einem Quäntchen Selbstironie.

Im Eröffnungsfilm der 71. Filmfestspiele in Venedig spielt er den Schauspieler Riggan Thomson, der in den 90ern mal berühmt war als Blockbuster-Superheld "Birdman". 20 Jahre später sieht die Situation anders aus: Jetzt kämpft er als Regisseur und Hauptdarsteller eines Broadwaystücks gegen seinen verblassenden Ruhm. Iñárritu hat bislang Werke wie "Babel" oder zuletzt "Biutiful" inszeniert, die sich zu existenziellen Hyperleidensdramen hochschraubten. "Nach all den dramatischen Filmen und all dem würzigen, mexikanischen Chili war es Zeit für ein Dessert", erklärte der Mexikaner in Venedig . "Ich wollte endlich mal beim Dreh lachen." Dafür lässt er nun dem Wahnsinn hinter den Theaterkulissen freien Lauf und zeigt teils sehr komisch Kleinkriege, Befindlichkeiten, Eitelkeiten der Schauspieler. Dennoch stattet er seine von Geltungssucht getriebenen Figuren mit Brüchen aus, legt ihre tragischen Seiten frei und verengt den Fokus auf ein Psychogramm der Hauptfigur.

"Birdman" zeigt diese Geschehnisse mit langen Einstellungen in einem konstanten Bewegungsfluss und der teils hyperventilierende Aufruhr seiner Protagonisten wird durch die nur aus Percussion-Improvisationen bestehende Musik noch verstärkt. Es ist eine eigenwillige Inszenierung, die der Film zwar manchmal etwas selbstherrlich vor sich herträgt. Doch nicht zuletzt durch seine starken Performances ist diese vielschichtige Bespiegelung der Schauspielerspezies ein ziemlich guter Eröffnungsfilm für das Filmfestival in Venedig .

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