Der Unverwechselbare

Saarbrücken · Dietmar Schönherr ist mit 88 Jahren gestorben. Er hat neue Show-Formate wie „Je später der Abend“ ins Fernsehen gebracht, sich politisch engagiert und blieb bis zuletzt ein sympathisch Unbequemer.

 Dietmar Schönherr in den Kulissen des Raumschiffs „Orion“. Die sieben Folgen von „Raumpatrouille“ (1966) waren eine Pioniertat des deutschen Fernsehens in Sachen Science-Fiction. Foto: Eurovideo

Dietmar Schönherr in den Kulissen des Raumschiffs „Orion“. Die sieben Folgen von „Raumpatrouille“ (1966) waren eine Pioniertat des deutschen Fernsehens in Sachen Science-Fiction. Foto: Eurovideo

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 Schönherr und der nicaraguanische Schriftsteller Ernesto Cardenal 2002 in der Saarbrücker Congresshalle. Foto: Bilderwerk

Schönherr und der nicaraguanische Schriftsteller Ernesto Cardenal 2002 in der Saarbrücker Congresshalle. Foto: Bilderwerk

Foto: Bilderwerk

Wer als Kind das Glück hatte, "Raumpatrouille" im Fernsehen zu schauen, ob nun bei der Premiere 1966 oder bei den Wiederholungen in den 70ern, der wollte sein wie Dietmar Schönherr - beziehungsweise wie Major Cliff Allister McLane, Kommandant des Raumschiffs "Orion". Schönherr gab diesen McLane mit großer Geste. Ein schnodderiger Held war er, mit einem Selbstbewusstsein, das sympathisch knapp an der Arroganz entlangstrotzte, und dieser schönen, klaren, etwas schnarrenden Schönherr-Stimme. In den sieben Episoden, einer Pioniertat des deutschen Fernsehens in Sachen utopischer Unterhaltung, brachten nur zwei Situationen den Helden kurzzeitig ins Wanken: die drohende Invasion außerirdischer Mächte und das Matriarchat auf einem fernen Planeten. McLane war ein Held der Vor-68er-Ära: Autoritäten mochte er zwar nicht, das System als solches - in "Raumpatrouille" deutlich militärisch - stellte er aber nicht in Frage.

McLane war Schönherrs bekannteste Rolle, aber bedeutsam fand er sie im Nachhinein nicht - kein Wunder. Legt man die Figur an Schönherrs Biografie an, gab es da vielleicht mal eine Schnittmenge zwischen Rolle und Darsteller, die aber immer kleiner wurde und dann verschwand. Der Tiroler Schönherr, Sohn und Enkel von Generälen, nach eigener Aussage "faschistisch erzogen", wurde später zum kritischen Geist. Seine erste Kinorolle spielte er - damals voller Überzeugung, wie er sagte - 1944 im NS-Film "Junge Adler"; Jahrzehnte später trat er bei Friedensdemonstrationen auf, war 1983 bei der Blockade des US-Raketenstützpunktes in Mutlangen dabei, geißelte den damaligen US-Präsident Reagan als "Verbrecher" und engagierte sich bis zuletzt für und in Nicaragua . Dies sei alles auch eine Art Sühne gewesen, sagte er einmal.

Schönherrs Kinokarriere verlief bis in die 60er solide, man konnte ihn in Berg- und Heimatfilmen wie "Sein bester Freund" sehen, in Krimis wie "Kommissar X", aber auch in der Verfilmung von Stefan Zweigs "Schachnovelle". Wirklich populär machte ihn erst das Fernsehen : Nach der "Raumpatrouille" moderierte er zwischen 1969 und 1972 mit seiner Frau Vivi Bach die Spielshow "Wünsch Dir was" - damals ein neuartiges Format, heute noch unvergessen wegen eines Unfalls, bei dem eine Kandidatin fast ertrunken wäre, und wegen der durchsichtigen Bluse einer anderen Kandidatin - das waren noch Zeiten, als das zum TV-Skandal gereicht hat. Ein weiteres neues Format war "Je später der Abend" ab 1973, die erste Talkshow des deutschen Fernsehens, bei der man sich damals nicht sicher war, ob die überhaupt jemand sehen will. Schaut man sich die Sendungen heute an, etwa die mit Burkhard Driest und Romy Schneider, fällt Schönherr als Moderator auf, dem man anmerkt, dass er gerne zuhörte und seine Fragen nicht für wichtiger hielt als die Antworten seiner Gäste - heute im Talkshows eher unüblich.

In den Jahren danach spielte er viel Theater, schrieb Bücher und begann sein Engagement in Nicaragua : Mit dem Dichter Ernesto Cardenal baute er in der Stadt Granada die "Casa de los Tres Mundos" auf, ein Kulturzentrum für Kinder und Jugendliche. Regelmäßig war er im Fernsehen zu sehen, manchmal auch als Talkshow-Gast, wo er seinen etwas widerspenstigen Charme spielen ließ. Zuletzt lebte er auf Ibiza mit Vivi Bach, seiner Ehefrau seit 1965. Sie ist im April 2013 gestorben; jetzt starb Dietmar Schönherr in der Nacht zum Freitag, er wurde 88 Jahre alt. Über sein Leben befragt, sagte er mal lapidar: "Ich habe mich bemüht."

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